Poesiefestival: Warum es diesmal so politisch wird.

CR_LVS_S2_20_PlakatDas 17. Poesiefestival Berlin vom 3. bis 11. Juni steht unter dem Motto „Kein schöner Land“ und stellt sich so drängenden Fragen wie: Was ist das für eine Welt, in der wir leben und leben werden? Mit Blick auf die Schieflagen der Welt eröffnen 150 Dichter sowie Künstler aus 37 Ländern neue Perpektiven – durch Lesungen, Performances und Konzerte.

Tradition pflegen

Unter dem Titel „Weltklang – Nacht der Poesie“ wird am 3. Juni, 19 Uhr, im Studio der Akademie der Künste ein Panorma zeitgenössischer Dichtung zelebriert. Der Auftakt des Poesiefestivals präsentiert in einem Konzert aus Stimmen und Sprachen den Reichtum internationaler Gegenwartslyrik, die Vielfalt ihrer Themen und Formen. Neun Dichter aus allen Teilen der Welt lesen, performen und singen in ihrer Muttersprache, ohne vorgetragene Übersetzung. Eines der Highlights dieses Abends wird der Auftritt des in Bordeaux aufgewachsenen Senegalesen Souleymane Diamanka sein. Seine Spoken-Word- und Raptexte verschmelzen den Bilderreichtum der Griots – Sänger Westafrikas – mit der Ästhetik der französischen Moderne. Diamanka aktualisiert so die orale Tradition seiner Vorfahren, der Fulbe, einem Hirtenvolk aus der Sahelzone. Er verfolgt Ähnlichkeiten und Assonanzen zwischen Ful – der Sprache jener Fulbe – und Französisch. Diamanka spricht und singt vom Gram der Engel und den Stimmen in seinem Kopf. Bei Weltklang – Nacht der Poesie wird er an der Gitarre und mit Samples und Loops begleitet von Alexandre Verbiese. Exklusiv für diesen Abend erscheint eine Anthologie mit den deutschen Fassungen der Texte zum Mitlesen.

Höhepunkte

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[tab title=“Poetry and Conflict“]

Poetry and conflict: Die kurdische, in der Türkei lebende Dichterin Bejan Matur stellt vier Dichter vor, in deren Lyrik die persönlichen Erfahrungen mit Kriegen spürbar sind. Darunter Brian Turner (USA). Am. 7. Juni, 19 Uhr, Kleines Parkett.

Poetry and conflict: Die kurdische, in der Türkei lebende Dichterin Bejan Matur stellt vier Dichter vor, in deren Lyrik die persönlichen Erfahrungen mit Kriegen spürbar sind. Darunter Brian Turner (USA). Am. 7. Juni, 19 Uhr, Kleines Parkett.

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[tab title=“E.Poesie – Allen & Friends“]

e.poesie – allen & friends Elektronische Musik verschmilzt mit Poesie, die Kompositionen des Grammy-Gewinners Kelvin Sholar (Foto) gehen in einen Dialog mit der Lyrik der Inuit- Dichterin Jessie Kleemann. Am 10. Juni, 16 Uhr.

Elektronische Musik verschmilzt mit Poesie, die Kompositionen des Grammy-Gewinners Kelvin Sholar (Foto) gehen in einen Dialog mit der Lyrik der Inuit- Dichterin Jessie Kleemann. Am 10. Juni, 16 Uhr.

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[tab title=“VERSschmuggel“]

CR_LVS_S2_20_Bühne20 Sprachen, 51 Dichter sowie 324 Übersetzungen umfasst Poets Translating Poets – VERSschmuggel mit Südasien. Vier dieser Dichterpaare präsentieren ihre „geschmuggelten“ Verse am 9. Juni, 19 Uhr.

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[tab title=“Lyrikmarkt“]

CR_LVS_S2_21_KofelgschroaLesungen, Livemusik (u.a. mit Kofelgschroa, F.) und ein Bastel- und Spielprogramm für Kinder tragen am 11. Juni, 15 Uhr, zu einem regen Markttreiben bei. Verlage, Antiquariate und Buchhandlungen laden ein.

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Sprache finden

Das Colloquium des Poesiefestival widmet sich am 5. Juni, 13 bis 16.30 Uhr, dem Thema „Flucht und Literatur“. Dazu sind Dichter, ursprünglich aus Syrien, Palästina und dem Kongo, sowie Wissenschaftler eingeladen. Sie diskutieren, wie eine Sprache für Ausnahmezustände wie etwa in Auffanglagern jenseits von kaschierenden Begriffen wie „Hotspot“ und „Transitzone“ gefunden werden kann. Dabei wird zeitgenössische Lyrik aus verschiedenen Ländern vorgetragen und diskutiert, die das Weggehen, Fremdsein und Ankommen verhandelt. Untersucht werden auch Fluchtdarstellungen in Koran, Bibel und antiken Mythen. Eine der Teilnehmerinnen ist die syrische Dichterin Rasha Omran, die aufgrund ihres Engagements gegen das Assad-Regime des Landes verwiesen wurde und in Kairo lebt. In ihren Gedichten berichtet sie von vergangenen Verbrechen. Fiston Mwanza Mujila, im Kongo geboren, reagiert mit seinen Texten auf die politischen Unruhen im Gefolge der kongolesischen Unabhängigkeit und ihre Auswirkungen auf den Alltag.

Realitäten ändern

Poetry and Conflict versammelt am 7. Juni, 17 Uhr, Dichter aus verschiedenen Kontinenten, die gesellschaftliche Realitäten ändern wollen. Sie nahmen teil an Aufständen, an Kämpfen für Menschenrechte oder waren Zeugen von Kriegen. Diese Erfahrungen sind in ihrer Lyrik deutlich spürbar. Die US-amerikanische Dichterin und Menschenrechtsaktivistin Carolyn Forché zum Beispiel war Zeugin des Bürgerkriegs in El Salvador. Sie beschäftigt sich mit Dichtersprache unter dem Einfluss von Krieg, Besatzung, Folter und Zensur. Auf dem Lyrikmarkt zum Abschluss des Festivals am 11. Juni laden Lyrikverlage zum Schmökern und Kaufen ein. Das Markttreiben wird von Lesungen, einem Kinderprogramm, Filmen aus dem ZEBRA Poetry Film Festival und Live-Musik begleitet. Mehr Informationen online.

mw / Bilder: Dirk Dunkelberg, Matthias Holz, David Beecroft, Brian Turner, Jonas Kraus