Der Umweltexperte Derk Ehlert ruft die Berliner zum Wassersparen auf.
In Zeiten des Klimawandels bleibt einem aber auch nichts erspart. Müssen wir bald auf einen der schönsten Sinneseindrücke der warmen Tage verzichten? Oder sollten wir dabei wenigstens ein schlechtes Gewissen bekommen? Gemeint ist das Gefühl, mit nackten Füßen über den Rasen zu laufen. Oder sich mit dem gesamten Körper darauf zu aalen.
Ein gepflegter grüner Rasen: Für Generationen von Gartenfreunden und Grünanlagen-Planern war er der Inbegriff schnörkelloser und robuster Schönheit mit hohem Nutzwert. Vorausgesetzt, er wird regelmäßig gewässert. An sehr heißen Tagen, die bekanntlich immer häufiger werden, am besten täglich.
Großer Durst
Dieser große Durst verleiht der grünen Pracht mittlerweile einen schalen Beigeschmack. „Wer übers Wassersparen nachdenkt, sollte beim Rasen sparen“, sagte Derk Ehlert, Umwelt- und Wildtierexperte der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, dieser Tage der „Berliner Zeitung“. Der Rasen müsse nicht jeden Tag gesprengt werden.
Ehlert: „Das viele Wasser sorgt doch nur dafür, dass Rasen schön grün ist. Außerdem ist die Verdunstungsrate im Rasen sehr hoch. Und wenn der Rasen nicht jede Woche kurz geschnitten wird, ist er auch widerstandsfähiger bei Trockenheit.“
Zunehmende Trockenheit
Ehlert rät überdies dazu, zum Rasensprengen und Blumengießen lieber Regenwasser zu verwenden, das in großen Tonnen aufgefangen werden kann. Hintergrund seiner Empfehlungen sind die kaum abzuschätzenden Folgen der globalen Erderwärmung. Brandenburg leidet schon unter einer zunehmenden Trockenheit. In einigen Regionen des Bundeslandes wird wegen des sinkenden Grundwasserspiegels bereits das Trinkwasser knapp.
Berlin hat es da besser. Hier kommt laut Ehlert nur etwa 25 Prozent des Trinkwassers aus dem Grundwasser, dessen Pegel zuletzt 20 bis 50 Zentimeter unter dem langjährigen Mittelwert lag. Doch auch in der Hauptstadt sei umsichtiges Handeln gefragt.
Endliche Ressource
Ehlert: „Auch wir in Berlin müssen dringend begreifen, dass die Ressource Wasser endlich ist. Die gesamte Gesellschaft muss lernen, nachhaltig mit ihr umzugehen und Wasser zu sparen. Das wird uns alle treffen.“
Was heißt das nun für den Rasen? Ein Rückbau öffentlicher Rasenflächen dürfte in den nächsten Jahren kaum zu erwarten sein. Das vertraute Bild von herumliegenden Menschenmassen im Grünen wird uns also erhalten bleiben.
Ein Zukunftskonzept
Bei genauem Hinsehen wird sowieso klar, dass öffentlicher Rasen weder wöchentlich geschnitten noch übermäßig gewässert wird. Hier sind Ehlerts Vorschläge angesichts klammer öffentlicher Kassen und chronischer Personalnot bereits Realität.
Was viele als schlechte Pflege abtun, könnte zu einem Zukunftskonzept werden. Damit wir uns auch morgen noch die Füße vom Rasen streicheln lassen können.
Text: Nils Michaelis