
REFORM Das von der Berliner Regierungskoalition angeschobene neue Polizeigesetz soll mehr Sicherheit in die Stadt bringen – die Rechte der Polizeibeamten werden ausgeweitet
Noch in diesem Jahr soll es nun kommen, das neue Berliner Polizeigesetz. So haben es jedenfalls die Koalitionäre CDU und SPD noch am 21. August versprochen. Ob diese Einigung, die nach einer langen, intensiven Diskussion entstanden ist, Bestand hat, wird man sehen, denn längst sind nicht alle Streitpunkte endgültig ausgeräumt.
Denn zumindest in den Augen der SPD hat es diese Reform des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) in sich. Alles in allem will man der Berliner Polizei mehr Kompetenzen und Rechte geben. So soll etwa die Videoüberwachung in der Stadt ausgeweitet und die Überwachung von Onlinekommunikation erleichtert werden. Aber auch im Kleinen wird es Änderungen geben: So soll die Polizei gewaltbereiten Gefährdern in Zukunft auch Fußfesseln anlegen können. Und ein angegriffener Polizist darf – genau wie im restlichen Bundesgebiet – in Zukunft den „finalen Rettungsschuss“ abgeben.
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) verspricht sich davon „ein deutliches Plus an Schutz und Sicherheit“. Für den grünen Innenpolitiker Vasili Franco dagegen ist dieses neue Polizei-Gesetz reine „Symbolpolitik“, das vor allem „Sicherheit simuliert“.
Was bringt das Gesetz im Einzelnen?
Die Videoüberwachung an kriminalitätsbelasteten Orten wie dem Alexander- und dem Hermannplatz oder dem Kottbusser Tor wird in Zukunft dauerhaft sein und mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erfolgen. Diese KI soll Verhaltensweisen und damit Schlägereien oder Diebstähle voraussagen. Zur Auswertung von Videoaufnahmen an Bahnhöfen setzt die Polizei in Zukunft Super-Recognizer ein: Das sind Menschen, die sich Gesichter besonders gut merken können. Und die Aufzeichnungen der BVG dürfen in Zukunft 72 Stunden gespeichert werden.
Auch die Durchsuchung von Computern, Laptops und Smartphones zur Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität soll erleichtert werden. Ein weiterer Baustein ist die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ), die Gespräche über WhatsApp und andere Messengerdienste (auch die von Computerspielen) kontrolliert. Nach gerichtlicher Anordnung können die Ermittlungsbehörden dann auch mit Hilfe biometrischer Daten nach Verdächtigen suchen.
Und schließlich will Senatorin Spranger den Opferschutz voran bringen: Wer gegenüber seinem Partner gewalttätig aufgefallen ist, kann schneller eine Fußfessel zur Überwachen der Bewegungsfreiheit angelegt bekommen. In Spanien können Frauen sogar ein eigenes Gerät bekommen, um die unerwünschte Annährung gewalttätiger Ex-Partner frühzeitig zu melden.
Closed-Circuit Television
So sinnvoll all diese Maßnahmen auch sein mögen, wer etwa weiß, wie intensiv die Stadt London unter Überwachung durch Closed-Circuit Television (CCTV) ist, der weiß auch, dass Überwachung alleine kein Verbrechen verhindert. Zur Aufklärung von Straftaten kann das neue Polizeigesetz immerhin maßgeblich beitragen.
Text: Lutz Göllner