Straßenfeste, Partys und Konzerte: Der 1. Mai in Berlin ist ein aufregender Tag. Das Zentrum der Feierlichkeiten rund um den “Tag der Arbeit” ist traditionell Kreuzberg – in diesem Jahr jedoch ohne das beliebte Myfest. Aber auch im Rest der Stadt wird dieser Tag mit Veranstaltungen für die ganze Familie begangen.
Einst von blutigen Straßenkämpfen begleitet, ist der 1. Mai in Berlin inzwischen eher ein buntes Fest der Solidarität. Mit dafür gesorgt hat unter anderem das Myfest in Kreuzberg, das sich seit 2003 an Kinder, Jugendliche und Familien richtete und ein breitgefächertes kulturelles sowie kulinarisches Angebot von Konzerten über Hüpfburgen bis zu Feuerwehrvorstellungen bot. Doch nicht so in diesem Jahr.
Denn das Myfest rund um die Oranienstraße fällt aus. Es entstand unter anderem einst, um Autonomen und Linksextremisten den Raum für mögliche Eskalationen zu nehmen. Doch bereits Ende des vergangenen Jahres zogen sich die bisherigen Veranstalter zurück, der Bezirk wollte bislang nicht einspringen. Kritik dafür müsste sich die Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) vor allem von der Linksfraktion gefallen lassen.
Kein Myfest in Kreuzberg
Laut Herrmann plane der Bezirk keine größeren Veranstaltungen im Rahmen des Tages der Arbeit am 1. Mai mehr. Das Bezirksamt sieht sich nicht für einen Ersatz für das Myfest zuständig. Herrmann sagte zudem, dass die Genehmigung einer alternativen Großveranstaltung am 1. Mai 2023 nicht vorgesehen sei. Jedoch ist absehbar, dass auch ohne offizielle Genehmigung in Kreuzberg am 1. Mai auf den Gehwegen gefeiert, getrunken und getanzt und dies auch bis zu einem gewissen Grad geduldet wird.
Dabei hatte das Straßenfest erinen erheblichen Anteil daran, dass die Auschreittungen am Tag der Arbeit in Friedrichshain-Kreuzberg seit 2003 erheblich zurückgegangen sind. Nicht nur deshalb forderte die Linke vom Bezirk ein Nachfolgekonzept. Doch das fehlt bis heute. Laut Herrmann würden sich die Anwohner vor Ort in Kreuzberg 36 keine große Party wünschen, sondern ein kleines, politisches Fest. Diese Einschätzung teile sie. Zudem soll es zahlreiche Anwohnerbeschwerden wegen Lärm und Müll gegeben haben. Dennoch wolle man weiterhin zum Myfest beraten.
Auf Anfrage der Berliner Abendblatts teilte die Pressestelle von Clara Herrmann zudem mit, dass das Bezirksamt am 1. Mai im Görlitzer Park wieder das Konzept unter dem Motto “Ein ganz normaler Tag im Park” durchführen wird. Dies habe sich in den letzten Jahren bewährt. Dem Bezirksamt sei zudem bekannt, dass das Stadtthaus Böcklerpark ein Kinder- und Jugendfest veranstalten möchte.
Doch auch wenn das Myfest in diesem Jahr nicht stattfindet, zieht es viele Feierfreunde zum 1. Mai an den Kreuzberger Mariannenplatz. Ebendort steht nicht nur Musik unter freiem Himmel auf dem Programm, sondern auch verschiedene Redebeiträge, die sich gegen Faschismus, Rassismus und Ausgrenzung aussprechen. Musikalisch können sich die Besucher auf Hip Hop und jede Menge Techno freuen.
Demonstrationen am 1. Mai
Wie in den Jahren zuvor findet hingegen die berühmte Revolutionäre 1. Mai Demonstration durch Berlin statt. Auch dieses Mal wird sie durch die Berliner Stadteile Kreuzberg und Neukölln ziehen und unter anderem an der neuen Polizeiwache am Kottbusser Tor Station machen. Da es in den vergangenen Jahren dabei zwar zu keinen massiven Ausschreitungen, aber immer wieder zu Flaschen- und Steinwürfen kam, liegt hier eines der Hauptaugenmerke der Polizei am diesjährigen Tag der Arbeit. Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer sollten sich daher am 1. Mai, der in diesem Jahr auf einen Montag fällt, auf zahlreiche Sperrungen einrichten.
Neben der linken Szene wird auch der Deutsche Gewerkschaftsbund am 1. Mai demonstrieren. Dessen traditionelle Mai-Demo steht unter dem Motto “Ungebrochen solidarisch” und bietet auch ein Bühnenprogramm und Live-Musik. Doch schon zuvor werden Korsos von Motorrad- und Fahrradfahrern für erhebliche Verkehrseinschränkungen sorgen. Darüber hinaus sind im gesamten Berliner Stadtgebiet noch viele weitere Demos und Aufzüge von Parteien und Gewerkschaften geplant.
Und sonst so?
Doch wer nicht demonstrieren möchte, kommt am 1. Mai in Berlin ebenfalls auf seine Kosten, denn der Tag der Arbeit bietet neben den Demos auch noch zahlreiche Straßenfeste, Konzerte und Veranstaltungen.
So zum Beispiel das Kinder- und Familienfest in der ufaFabrik in Tempelhof. Hier können kleine und große Besucher bei verschiedenen Geschicklichkeitsspielen gegeneinander antreten und ihr Können unter Beweis stellen. Zudem rundet Live-Musik das Programm ab, auf dem auch Ponyreiten und Grillwürstchen stehen. Eher klassischen Rummelspaß soll das Berliner Frühlingsfest auf dem zentralen Festplatz am Kurt-Schumacher-Damm bieten. Zahlreiche Buden und rund 80 bunte Fahrgeschäfte locken hier die Besucher. Ein weiteres buntes Volksfest findet auf dem Alice-Salomon-Platz in Hellersdorf zum 1. Mai statt.
Wen es hingegen eher raus in die Natur zieht, sollte die TV-Asahi Kirschblütenallee in Lichterfelde/Teltow auf dem Schirm haben. Jedes Jahr erblüht dort im Frühling ein Meer aus rosa Kirschblüten. Und die ganz Mutigen können am 1. Mai zudem den Start der Badesaison feiern. Denn an diesem Tag öffnen viele Berliner Bäder erstmals ihre Pforten und laden zum Schwimmen ins sicherlich noch sehr kühle Nass.
Text: red/su