
ENERGIEWENDE Erneuerbare Energien deckten 2024 in Deutschland über die Hälfte des verbrauchten Stroms ab. Einen stetig steigenden Anteil daran bilden Balkonkraftwerke.
Endlich sind sie da, die wärmeren Temperaturen, und läuten damit ein jährlich zu beobachtendes Phänomen ein: das Erwachen der Hauptstadt aus dem Winterschlaf. Jogger, In-der-Sonne-Kaffeetrinker, Spaziergänger und händchenhaltende Pärchen beleben Berlins Straßen und Parks. Dazu gesellt sich seit einigen Jahren ein weiteres Phänomen, nämlich das der Energie zapfenden Balkone. Die Rede ist von Balkonkraftwerken, in der Fachsprache Steckersolargeräte genannt.
Erfunden Anfang der Nullerjahre vom Unternehmer Holger Laudeley, erleben die kleinen Energieversorger seit einigen Jahren einen Boom. Allein 2024 hat sich laut „Tagesspiegel“ die Anzahl der in Deutschland betriebenen Steckersolargeräte mehr als verdoppelt. Zum Jahresende besaßen 780.000 Menschen ein Balkonkraftwerk. Einen Schub gab es durch die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2024.
Weniger Barrieren für Balkonkraftwerke
Das Solarpaket 1 erhöht die Leistungsgrenze von 600 Watt auf 800 Watt. Vereinfacht gesagt: Es darf mehr „Eigenstrom“ produziert werden als bisher. Die Geräte sorgen selbst dafür, dass dieser zuerst verbraucht wird. Außerdem müssen Balkonkraftwerke nicht mehr beim Stromnetz Berlin angemeldet werden.
In Berlin ist keine Baugenehmigung notwendig, und auch der Vermieter darf eine Installierung nur in Ausnahmefällen verweigern. Somit stellen Steckersolargeräte einen für die Bevölkerung unkompliziert zugänglichen Beitrag zur Energiewende dar – was dem ursprünglichen Ziel von Holger Laudely gleichkommt. In der YouTube-Reihe „Leben mit der Energiewende“ sagte er: „Als wir Anfang der 90er-Jahre angefangen haben, Photovoltaikanlagen zu bauen, haben wir gemerkt, dass das sehr kompliziert ist für die Leute und sehr teuer.
Wir haben uns gefragt, was können wir für den kleinen Mann tun? Und da hier die Grundlagen der Elektrotechnik wirken, sind wir draufgekommen: Nimm einen kleinen Wechselrichter, nimm ein Modul, mach einen Stecker ran und steck ihn in die Schuko-Steckdose – und das hat funktioniert.“
Bessere Erträge durch Schräglage des Moduls
Kaufen kann man den einsteckbaren Energieversorger online, im Baumarkt oder Elektrofachhandel. Das Gerät sollte den Bedingungen der Anwendungsregel VDE-AR-N 4105 (technische Anforderungen bei Erzeugungsanlagen an das Niederspannungsnetz) entsprechen sowie eine CE-Zertifizierung aufweisen. Sie beginnen bei 450 Euro und steigen, je nach Modulanzahl, in den 1.000-Euro-Bereich.
Während sich nach Süden ausgerichtete Balkone am besten eignen, können die Erträge durch eine Schräglage des Moduls gesteigert werden. Ob sich der Kauf eines kleinen Solarsystems lohnt, lässt sich mit dem Stecker-Solar-Simulator der Hochschule für Technik und Wirtschaft ausrechnen. Fakt ist aber: In den meisten Fällen sinkt die Stromrechnung spürbar.
Alternativen sind Solarfolien und Solardachziegel. Solarfolien – dünne Folien statt der kompakten Module – sind günstiger und flexibler anwendbar als Steckersolarmodule, dafür weniger effizient. Bei den Solarziegeln werden Dachziegel und Solarmodul unauffällig miteinander verbunden, was der Ästhetik entgegenkommt. Dafür müsste man allerdings 15.000 bis 20.000 Euro hinlegen. Und die Effizienz hinkt auch hinterher. Gewinner ist und bleibt also das Balkonkraftwerk.
Text: Marie Ladstätter