Tel Aviv hat etwas womit Berlin nicht dienen kann: Einen herrlichen Meeresstrand. Bild: IMAGO / News Licensing
Tel Aviv hat etwas womit Berlin nicht dienen kann: Einen herrlichen Meeresstrand. Bild: IMAGO / News Licensing

NEUE STÄDTEPARTNERSCHAFT Berlin ist nun mit Tel Aviv noch stärker verbunden. Welche politischen Signale diese Entscheidung sendet – und warum sie gerade jetzt kommt.

Lange in der Vorbereitung, wurde sie nun am Montag, den 5. Mai, besiegelt: die Städtepartnerschaft zwischen Tel Aviv und Berlin, unterzeichnet von Tel Avivs Bürgermeister Ron Huldai und Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner im Roten Rathaus.

Berlin pflegt damit nunmehr mit 19 Städten Partnerschaften, darunter Kyiv, London, Madrid, Paris, Peking und Warschau. Die Idee entstand nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Ziel, Menschen unterschiedlicher Länder zusammenzubringen. Mittlerweile geht es vor allem um eine kulturelle und wirtschaftliche Vernetzung.

Die erste Partnerstadt war 1967 Los Angeles –damals initiiert von Berliner Emigranten aus der Filmbranche. Seitdem hat der Austausch Früchte getragen: Das Medienboard Berlin-Brandenburg und die Filmstudios Babelsberg pflegen enge Beziehungen nach Hollywood, es gibt Gastauftritte in den Bereichen Musik, Theater und Kunst. Die zuvor letzte Partnerschaft war 2023 mit der ukrainischen Hauptstadt Kyiv etabliert worden. Berlin wollte auf diese Weise mit dem von Russland überfallenden Land seine Solidarität ausdrücken.

Mehr als Symbolik

Neben der symbolischen Bedeutung der neuen Kooperation mit Tel Aviv möchte Kai Wegner damit auch aktiv dem wachsenden Antisemitismus in Berlin begegnen: „Berlin war die Stadt, in der die Shoah geplant und durchgesetzt wurde. Berlin hat daher eine besondere Verantwortung und Verpflichtung gegenüber Israel und zum Schutz von jüdischem Leben in Berlin,“ so der CDU-Politiker. Hinzu komme eine starke Ähnlichkeit beider Städte: „Berlin und Tel Aviv verbindet gesellschaftlich, historisch, kulturell und auch wirtschaftlich sehr viel. Beide Metropolen zeichnen sich durch eine dynamische Entwicklung aus und sind Anziehungsorte für junge Menschen, Künstlerinnen und Künstler oder Start-up-Gründer aus aller Welt.“

Der Vorschlag für die Partnerschaft kam von den Parteien CDU und SPD. Aber es gibt daran auch Kritik. Wie die „taz“ berichtet, sehe beispielsweise Melanie Kühnemann-Grunow von der SPD „bei aller Solidarität mit Israel” die neue Städtepartnerschaft auch mit gemischten Gefühlen, da man vor der massiven Zerstörung und dem Leid der Zivilbevölkerung in Gaza die Augen nicht verschließen könne. Israel befindet sich seit dem islamistischen Großangriff vom 7. Oktober 2023 im Krieg mit der in Gaza herrschenden Terrororganisation Hamas. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Ferat Kocak kritisierte der „taz“ zufolge, er halte eine solche Partnerschaft ohne eine öffentliche Distanzierung von der israelischen Kriegsführung für „moralisch fragwürdig“. Kocak schlug eine zusätzliche Partnerschaft mit einer palästinensischen Stadt als ein „echtes Signal für Frieden“ vor.

Beim Thema Antisemitismus-Bekämpfung in Berlin zeigte sich Michael Müller, ehemaliger Regierender Bürgermeister (SPD), laut „Tagesspiegel“ vorsichtig optimistisch. Er betonte die Notwendigkeit einer „lebendigen Partnerschaft“, die effektiv Menschen zusammenbringe. Allein im vergangenen ersten Halbjahr seien laut RIAS, der Meldestelle für Antisemitismus in Berlin, 1.383 antisemitische Vorfälle eingegangen. Das seien mehr als in jedem anderen Jahr seit Beginn der Dokumentation im Jahr 2015.+

Text: Marie Ladstätter