Die Reichensteuer könnte helfen, die Coronafolgen einzudämmen, denke manche Experten.
Die Reichensteuer könnte helfen, die Coronafolgen einzudämmen, denke manche Experten.

In Corona-Zeiten werden die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher. Jetzt fordern sogar Millionäre eine Abgabe auf Vermögen.

Laut einer Erhebung der Entwicklungsorganisation Oxfam haben die zehn reichsten Männer der Welt zwischen März 2020 und November 2021 ihr Vermögen etwa verdoppelt. Alle Milliardäre und Milliardärinnen zusammen vermehrten ihr Vermögen stärker als in den 14 Jahren vor der Pandemie.

Vermögen außer Kontrolle

Angesichts dieser Zahlen ist es einigen Superreichen offenbar mulmig geworden. Mehr als 100 Millionäre verlangen eine weltweite Vermögenssteuer für die Reichsten. So könnten laut einer Schätzung jährlich gut 2,5 Billionen Dollar eingetrieben werden, um etwa Ungleichheit und Coronafolgen einzudämmen.

„Während Milliarden von Menschen während dieser Pandemie ums Überleben kämpfen, gerät das Vermögen der Milliardäre außer Kontrolle. Das kann nicht gerecht sein“, erklärte die Koordinatorin der Aktivistenbewegung Fight Inequality Alliance, Jenny Ricks.

Abgabe verhindert

In Deutschland wäre eine Vermögenssteuer, im politischen Diskurs auch „Reichensteuer“ genannt, nichts Neues. Eigentlich gibt es sie längst. Seit dem Jahr 1997 ist sie allerdings ausgesetzt. Der Steuersatz betrug bis dahin ein Prozent für natürliche Personen und 0,6 Prozent für juristische.

Seit einigen Jahren mehren sich Forderungen, die Abgabe wieder einzuführen. Für diesen Schritt hatten sich SPD, Grüne und Linke im Vorfeld der vergangenen Bundestagswahl stark gemacht. Bei den Sondierungen für die Ampel-Koalition wurde das Thema auf Druck der FDP allerdings wieder gestrichen. Dabei gibt es viele gute Gründe für eine Steuer auf Vermögen.

Infrastruktur stärken

Einige davon finden sich beispielsweise im Wahlprogramm der Linken für die Bundestagswahl wider. Darin heißt es: „Wer viel hat, kann es leicht vermehren. Auf Gewinne aus Kapital und Aktien wird eine Billigsteuer erhoben. Wer hingegen wenig oder nichts hat, zahlt mehr und mehrfach: Lohnsteuer kann man nicht hinterziehen, sie wird sofort abgezogen.“

Und weiter: „Dem privaten Reichtum steht eine verarmte öffentliche Infrastruktur gegenüber: Bibliotheken und Schwimmbäder schließen, Personal im Krankenhaus wird gekürzt. Hier würden die Einnahmen aus einer Millionärssteuer besonders helfen: Sie geht an die Länder und kann die öffentliche Infrastruktur stärken.“

Freibeträge vorgesehen

In dem Programm wird eine Vermögenssteuer gefordert, die Vermögen oberhalb von einer Million Euro mit fünf Prozent belastet. Für Unternehmen und betriebsnotwendiges Vermögen sind Freibeträge von mindestens fünf Millionen Euro vorgesehen.

Auch das Bündnis „Wer hat, der gibt“ setzt sich für mehr Steuergerechtigkeit und höhere Steuern für Wohlhabende ein. Der Zusammenschluss von mehr als 100 Künstlern, Intellektuellen und zivilgesellschaftlichen Organisationen schlägt neben der Reaktivierung der Vermögenssteuer eine einmalige Vermögensabgabe vor.

Text: Nils Michaelis, Bild: IMAGO/Christian Ohde