Hinweisschild für ein Wahllokal
Wer will, kann auch mit dem Fahrrad zum Wahllokal düsen. Bild: Imago/Seeliger

Am 11. Februar wird die letzte Bundestagswahl in 455 Wahlbezirken der Hauptstadt wiederholt. Wie läuft die Mini-Neuwahl ab und was steht dabei auf dem Spiel?

Berlin wählt (mal) wieder – allerdings nur in jedem fünften Wahllokal. Aufgrund der vielen Pannen und langen Wartezeiten beim Wahlchaos von 2021 entschied das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Dezember, dass die letzte Bundestagswahl in 455 von 2.256 Stimmbezirken der Hauptstadt innerhalb von 60 Tagen wiederholt werden muss.

Am 11. Februar, dem letzten Tag der Berliner Winterferien, ist es nun soweit. Vorausgegangen sind ein Beschluss zur Wahlwiederholung des Bundestags mit den Stimmen der Ampelkoalition sowie eine Wahlprüfungsbeschwerde der Unionsfraktion, der das noch nicht reichte. Deren Klage war nur teilweise erfolgreich, sorgte aber dafür, dass die Berlinerinnen und Berliner nun in 31 zusätzlichen Wahlbezirken nochmal ihr Kreuz machen dürfen.

Was steht auf dem Spiel?

Doch was kann die Berliner Mini-Neuwahl bewirken? Grundsätzlich wird sie nicht an den Machtverhältnissen im Bundestag rütteln. Schließlich hat die Ampelkoalition rund 100 Mandate mehr als die Opposition. Allerdings könnten einzelne Abgeordnete ihren Job verlieren und somit aus dem Parlament fliegen. Potenziell davon betroffen sein könnten unter anderem das Direktmandat von Stefan Gelbhaar (Grüne) im Wahlkreis Pankow und Monika Grütters (CDU) in Reinickendorf. Allerdings sind beide unabhängig davon auch über die Landesliste abgesichert. So oder so werden Gelbhaar und Grütters also weiterhin im Bundestag zu finden sein. Hoffnung kann sich jedoch der SPD-Politiker Torsten Einstmann machen, er könnte nämlich das Direktmandat von Grütters gewinnen.

Nach dem 11. Februar wird das Ergebnis der Bundestagswahl 2021 insgesamt neu festgestellt, was zu länderübergreifenden Verschiebungen bei der Sitzverteilung führen kann. Heißt konkret: Mandate, die Berliner Landesverbände verlieren, könnten an ihre Parteifreunde in anderen Bundesländern gehen. Um weit mehr als einen Sitz mehr oder weniger ging es zunächst bei der Linken – doch die konnte bereits aufatmen.  Die Teilwiederholung der Wahl kann das Ergebnis in den beiden Wahlkreisen, in denen die Linke Direktmandate gewonnen hat, nicht grundsätzlich verändern. Die in Berlin direkt gewählten Abgeordneten Gesine Lötzsch und Gregor Gysi sowie der Leipziger Abgeordnete Sören Pellmann bleiben somit ebenfalls im Bundestag. Das wiederum sichert die Mandate aller Abgeordneten, die noch zur Linken gehören, sowie derer, die inzwischen aus der Partei ausgetreten sind, darunter Mitglieder des neuen Bündnis Sahra Wagenknecht.

Unbequemes Stimmungsbild möglich

Mit Blick auf die aktuellen Umfragewerte der Parteien könnte die Wiederholungswahl allerdings ein durchaus unbequemes Stimmungsbild für die Ampel abgeben. Aktuelle Umfragen zeigen: Wie im ganzen Rest des Landes wächst auch in der Hauptstadt die Unzufriedenheit mit SPD, FDP und den Grünen. Während die AfD im Jahr 2021 noch auf knapp über 10 Prozent kam, sind es laut aktuellen Umfragen mehr als 20 Prozent der Menschen, die sich vorstellen könnten, die Partei zu wählen.

Rund 590.000 Berlinerinnen und Berliner können im Februar erneut abstimmen. Landeswahlleiter Stephan Bröchler sieht sein Team trotz aller Hürden gut vorbereitet, befürchtet allerdings eine niedrige Wahlbeteiligung. Dass der Wahltermin auf den letzten Tag der Winterferien fällt, sei natürlich ungünstig. An die Wahlurnen soll die Berliner daher unter anderem eine prominent besetzte Videokampagne unter dem Motto „Berlin braucht Deine Stimme!“ treiben. „Wenn wir eine niedrige Wahlbeteiligung bekommen, dann schadet das unserer Demokratie“, warnt Bröchler.

Berlin kann Wahlen – aber will es auch?

Experten sagen allerdings schon jetzt ein sehr geringes Interesse für die erneute Abstimmung voraus. „Berlin kann Wahlen“, hatte Bröchler nach der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus im Februar 2023 verkündet. Es muss sie allerdings auch wollen. Falls nicht, droht der Hauptstadt ein erneutes, wenn auch ganz anderes Wahldebakel. Also: Bitte gehen Sie zur Wahl!

Text: Sascha Uhlig