Die Lokführer sind dagegen. Andere Eisenbahner auch. Zumindest deren Lobbyverbände. Zuletzt hatten sich die Gewerkschaft der Lokführer (GdL) und die der Eisenbahner (EVG) vehement gegen das Neun-Euro-Ticket ausgesprochen (das Berliner Abendblatt berichtete).
Ausgerechnet in der FDP fanden die Arbeitnehmervertretungen einen starken politischen Verbündeten. Doch während die Gewerkschaften fordern, dass der Bund besser in die Infrastruktur des Nah- und Fernverkehrs investieren müsse, als in ein derartiges Ticket, behaupten die Liberalen, dass mit dem Neun-Euro-Fahrschein die Gratismentalität gefördert würde (weil es ja sonst im Leben so viel gratis gibt).
Gleichzeitig aber halten die Blau-Gelben am sogenannten Dienstwagenprivileg fest, das von Kritikern als Steuerbonus für besser verdienende Männer kritisiert wird. Steuervergünstigungen für dicke Dienstwagen führen laut Forum Ökologisch-soziale Marktwirtschaft (FÖS), zu Mindereinnahmen in der Staatskasse von mehr als vier Milliarden Euro.
Toller Erfolg
Nun ist aber mal Schluss mit dem FDP-Bashing! Das Dienstwagenprivileg kam mir nur deshalb in den Sinn, weil die Grünen genau dieses zur Gegenfinanzierung einer auf Dauer ausgerichteten Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket heranziehen möchte. Denn fest steht, dass dieser Fahrschein zu einer einzigartigen Erfolgsgeschichte, in Berlin und Brandenburg zu einem „Marketingcoup ohne Beispiel“ (Berlinzer Zeitung) geworden ist. Demnach ist das Ticket laut Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) mehr als fünf Millionen Mal verkauft worden.
Verschiedene Gründe
Dass Berlin zur Hauptstadt der Neun-Euro-Ticket-Nutzer geworden ist, war abzusehen. Sind doch die Metropole und ihr Speckgürtel im großen und ganzen hervorragend durch den öffentlichen Personennahverkehr erschlossen.
In Berlin wohnen 4,5 Prozent der Bewohner Deutschlands, doch der Anteil an den Verkäufen dieser Tickets erreicht 13 Prozent. Kein Wunder, dass sich vor allem Berliner Politiker für eine dauerhafte Nachfolgeregelung fürs Neun-Euro-Ticket stark machen.
Guter Vorstoß
Der Erfolg des Neun-Euro-Tickets, so Jarasch, zeige zweierlei: „Attraktiv ist nicht nur ein günstiges Ticket – sondern zugleich ein einfaches. Daher finde ich den Vorschlag der grünen Bundesebene, für den Nahverkehr in der Region ein 29-Euro-Ticket und bundesweit ein 49-Euro-Ticket anzubieten, einen sehr guten Vorstoß.“ Dies heißt konkret, dass Berliner und Brandenburger mit dieser Lösung für 29 Euro pro Monat durch die Stadt fahren könnten.
Mit gerade einmal einem Euro pro Tag wäre das entscheidend günstiger als derzeitige Angebote im Normaltarif der BVG (drei Euro pro Zwei-Stunden-Ticket oder 86 Euro für die Monatskarte). Jarasch ließ durchblicken, dass sich das Land Berlin an der Finanzierung einer solchen Lösung beteiligen könnte. Zwar müsse das Geld dafür hauptsächlich vom Bund kommen, und dies dürfe nicht zulasten des dringend nötigen ÖPNV-Ausbaus gehen.
Text: Manfred Wolf