Es ist ein weiter Weg zur Digitalisierung der Bürgerämter. Foto: IMAGO / Jürgen Ritter
Es ist ein weiter Weg zur Digitalisierung der Bürgerämter. Foto: IMAGO / Jürgen Ritter

Egal ob Reisepass beantragen oder Wohnsitz ummelden: Behördengänge nehmen viel Zeit in Anspruch. Ein Pilotprojekt in Kreuzberg soll nun für Verbesserungen sorgen.

Monatelange Wartezeiten für einen Termin, überlastetes Personal – und wenn eine Wahl in der Stadt ansteht, geht beinahe gar nichts mehr. Seit Jahren weiß man in Berlin um die notwendige Verwaltungsreform einschließlich der Digitalisierung, doch der Weg dahin ist noch lang. Vieles funktioniert eben noch nicht.

Allerdings steht Berlin – zumindest aus Deutscher Sicht – mit diesem Problem nicht alleine da. In einem Ranking von 37 EU-Staaten zum Stand der Verwaltungsdigitalisierung belegte die Bundesrepublik jüngst gerade mal Platz 21 – hinter Litauen, Estland oder Malta. Die EU-Kommission bescheinigte Deutschland zuletzt immer wieder, dass es bei der Digitalisierung nur europäisches Mittelmaß sei.

Bürgeramt der Zukunft

Doch schon bald soll einiges besser, schneller und vor allem digitaler laufen in Berlin. Erste Maßnahmen werden jetzt in Kreuzberg getestet. Hier wurde vor kurzem das Pilotprojekt „Bürgeramt der Zukunft“ vorgestellt, das vieles leichter machen soll. Das gilt sowohl für das Beantragen und Abholen von Ausweis-Dokumenten als auch mit Blick auf die technische Ausstattung, wie die Staatssekretärin für Verwaltungsmodernisierung, Martina Klement, sagte.

Zur Ausstattung des „Bürgeramts der Zukunft“ sollen unter anderem Terminals für das „Self-Check-in“ für die Anmeldung ähnlich wie am Flughafen und sogenannte Self-Service-Terminals gehören. Die Bürgerinnen und Bürger sollen diese eigenständig für Informationen und Dienstleistungen nutzen können. Bei der Vorstellung des „Bürgeramts der Zukunft“ vor zwei Wochen existierte der Check-in-Automat jedoch bloß als Pappaufsteller.

Orientierung im Wirrwarr

Hinzu kommen sollen kostenloses WLAN in allen Räumen sowie Ladestationen für Laptops und Smartphones, wie der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Oliver Nöll, erklärte. Zudem sind Fotostationen geplant, an denen man kostenfrei digitale biometrische Fotos für Ausweise direkt im Bürgeramt aufnehmen kann.

Außerdem ist vorgesehen, dass Dokumente auch außerhalb der Öffnungszeiten in einer Ausgabebox abgeholt werden können. Ebenfalls auf der Neuerungsliste für das „Bürgeramt der Zukunft“ steht ein modernes Wegeleitsystem. Das soll die Orientierung im Wirrwarr der einzelnen Behörden-Abteilungen erleichtern und alle Besucherinnen und Besucher durch das Gebäude leiten.

Schrittweise Einführung bis 2025

Der Haken an der Sache: Bis all das Berliner Verwaltungsalltag ist, kann es aus zwei Gründen noch eine ganze Weile dauern. Zum einen sollen die Neuerungen auch im Ausbildungsbürgeramt in Kreuzberg nur schrittweise bis voraussichtlich Ende 2025 eingeführt werden. Zum anderen müssen die sich als tatsächlich nützlich und funktionierenden Maßnahmen dann erst wieder den anderen Bürgerämtern zur Verfügung gestellt und möglichst flächendeckend ausgerollt werden.

Bereits in seiner ersten Regierungserklärung im Mai dieses Jahres bezeichnete Kai Wegner das digitale Bürgeramt als zentrales Ziel. Der Regierende Bürgermeister will Verwaltungsleistungen auf Knopfdruck ermöglichen, sagte er. Eine echte Herkules-Aufgabe, nicht ohne Grund wandte er sich schon damals auch an die „demokratische Opposition“, so etwa die Grünen, mit denen er die Verwaltungsreform gemeinsam gestalten will.

Wegner bezeichnete die Pläne als große Aufgabe dieses Parlaments. Für eine Verfassungsänderung muss eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Abgeordnetenhaus organisiert werden – und dazu braucht Schwarz-Rot auch die Opposition. Bis es soweit ist, werden sich mit Sicherheit noch viele Zugezogene über den oft behäbigen und ziemlich analogen Alltag in den Berliner Behörden wundern.

Text: Sascha Uhlig