Menschen mit Handicap suchen wie jeder andere eine sinnvolle Beschäftigung. Bild: Imago/Panthermedia/Andrey Popov
Menschen mit Handicap suchen wie jeder andere eine sinnvolle Beschäftigung. Bild: Imago/Panthermedia/Andrey Popov

Um ausreichend qualifiziertes Personal zu finden, muss man heutzutage neue Wege gehen. Einer davon kann sein, bisher unge­nutzte Potenziale zu nutzen. Zu diesem Personenkreis gehören Menschen mit Behinderung.

In vielen Berufen können diese Menschen einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen und helfen, den Personalmangel zu beheben.
Laut dem Statistischen Bundesamt leben in Deutschland 10,3 Millionen Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis. Das entspricht immerhin 12,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Von diesen gehen 4,4 Millionen Menschen einer Tätigkeit nach. Demnach gibt es hier definitiv noch Potenziale, um neue Mitarbeiter zu finden.

Was spricht für diese Entscheidung?

Für Unternehmen kann es viele Vorteile ­haben, Menschen mit Behinderung einzustellen. Indem Unternehmen Menschen mit Handicap einstellen, fördern sie Vielfalt und Inklusion am Arbeitsplatz. Das schafft eine offene und tolerante Arbeitskultur und trägt dazu bei, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich respektiert und wertgeschätzt fühlen. Menschen mit Behinderungen bringen außerdem oft einzigartige Erfahrungen, Perspektiven und Fähigkeiten mit, die für das Unternehmen von Vorteil sein können. Viele Menschen mit Behinderungen haben spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten, die für bestimmte Jobs oder Branchen besonders wertvoll sind. Unternehmen, die sich für die Einstellung von Menschen mit ­Behinderungen engagieren, können ihr Image als sozial verantwortliche ­Arbeitgeber verbessern und das Vertrauen ihrer Kundinnen und Kunden stärken. Die Einstellung von Menschen mit Behinderungen trägt zudem zur Förderung der Gleichstellung bei und hilft, Barrieren am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft abzubauen.

Welche Fördermöglichkeiten gibt es?

Arbeitgeber, die nicht genug Menschen mit Schwerbehinderungen beschäftigen, müssen eine Ausgleichsabgabe zahlen. Diese ­Abgabe soll dazu beitragen, dass mehr Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt ­integriert werden. Arbeitgeber, die ­hingegen Menschen mit Behinderungen einstellen, können von der Ausgleichsabgabe befreit werden oder müssen eine reduzierte ­Abgabe zahlen. Unternehmen, die Menschen mit Behinderungen einstellen, können unter bestimmten Bedingungen ­Lohnkostenzuschüsse erhalten. Diese Zuschüsse können dazu beitragen, die Personalkosten zu senken und die Einstellung von Menschen mit Behinderungen finanziell attraktiver zu machen. Außerdem wird die Beseitigung von Barrieren, die Schaffung von rollstuhlgerechten Toiletten und mehr finan­ziell unterstützt.

Wer sind die richtigen Ansprechpartner?

Erster Ansprechpartner bei der Suche nach neuen Mitarbeitern ist die Agentur für Arbeit. Hier können konkret Menschen mit Behinderungen gesucht werden. Außerdem gibt es hier Informationen über Fördermöglichkeiten und Unterstützungsangebote. Ebenso gibt es die Integrationsämter. Diese sind zuständig für die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt. Arbeitgeber können sich hier über die Einstellung von Menschen mit Behinderungen informieren und Unterstützung bei der barrierefreien ­Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Organisation von Arbeitsabläufen erhalten. Zudem können Behindertenverbände helfen. Es gibt verschiedene Organisationen, die sich für die Interessen von Menschen mit Behinderungen einsetzen. Diese Verbände können Arbeit­geber bei der Einstellung von Menschen mit Behinderungen beraten und unterstützen.

Mittendrin statt nur dabei: Barrierefreies Leben für alle

Inklusion – ein Begriff, der in ­aller Munde ist. Doch was bedeutet dieser eigentlich? Die zentrale Idee hinter dem Inklusionsbegriff ist, dass Menschen mit und ohne Behinderung in allen Lebensbereichen selbstbestimmt ­zusammenleben ­können. Dabei sollte es keine ­Rolle spielen, ob es um das Einkaufen, den Arbeitsplatz, die Schule, Konzerte oder Vereine geht. Jeder soll ein barrierefreies Leben führen können, egal ob behindert, hochbegabt, erkrankt, jung, alt oder mit Migrationshintergrund.

Dafür braucht es Strukturen, die es jedem Menschen ermöglichen, ein wertvoller Teil der Gesellschaft zu sein und so selbstbestimmt, gleichberechtigt und uneingeschränkt am sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben teilzuhaben. Mehr Entscheidungsfreiheit und mehr Verantwortung zu haben bedeutet, die Möglichkeit zu ­erhalten, seine Persönlichkeit besser einzubringen und seine Lebensqualität zu steigern.
Die Rechte, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, sind in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben.

Dazu gehören:

Artikel 19:
Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft. Menschen mit Handicap haben das Recht, „ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben“.

Artikel 24:
Das Recht auf Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen ist in Artikel 24 festgeschrieben.

Artikel 26:
Gemäß Artikel 26 soll es Menschen mit Behinderung ermöglicht werden, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, umfassende körperliche, geistige, soziale und
berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehung in und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren.

Barrierefreiheit ist also weit mehr, als Türen zu vergrößern, Rampen zu installieren oder Aufzüge einzubauen. Barrierefreiheit muss in den Köpfen der Menschen beginnen. Denn nur wenn die Gesellschaft verinnerlicht, dass jeder ein generelles gleichberechtigtes Zugangsrecht zu allen Lebensbereichen hat, kann Inklusion gelingen. Im Moment steht noch immer die Frage im Raum, wie sich Inklusion so umsetzen lässt, dass sie schon bald kein Thema mehr sein muss – sondern selbstverständlich.