– Meinung –
MEINUNG: Der Senat muss dringend wieder das Vertrauen in die Politik herstellen
Nach dem Wahlsieg der CDU bei der Wiederholungswahl im Februar dieses Jahres, ließen die keifende Reaktion der grünen Spitzenkandidatin und die ablehnende Haltung des linken Flügels in der SPD erwarten, dass ein eitler konservativer Wahlsieger vor die Menschen treten würde.
Genau dies tat Kai Wegner (50) nicht. Es war erfreulich und schien richtungsweisend. Im Wahlkampf plakatiert wurde von der CDU, dass ihre Politik nicht allen gefallen müsse, aber dass „sie funktionieren sollte“. Wohltuend für die Berlinerinnen und Berliner verliefen die Koalitionsgespräche, nach anfänglichem Posing, respektvoll, sachorientiert und ließen auf eine künftige Politik der Ergebnisorientierung zum Wohle unserer Stadt hoffen.
Für mich war dieser neue Respekt erfreulich, da er eine zurückkehrende Politik-Kultur zum sachlichen Wohle Berlins und nicht nur zum Gefallen der jeweiligen Partei-Klientel versprach. Der Wortstamm „respicere“ beinhaltet bekanntermaßen das „Zurückblicken auf Geschehenes, um daraus Achtung zu gewinnen“. Hoffen wir, dass es auch künftig so bleibt.
Es geht hier jedoch nicht nur um den Respekt der politischen Parteien untereinander, sondern auch um den Respekt vor den Wählerwünschen. Dies muss für die beiden regierenden Parteien CDU und SPD gelten, eigentlich ebenso für Oppositions-Parteien. Sie alle sind nicht der Souverän, sie sind die Diener des Volks. Wie in einer Demokratie üblich, haben wir ihnen mit unseren Stimmen einen Auftrag in unserem Sinne gegeben.
Was davon ist nach 100 Tagen übrig? Woran arbeitet der Senat am ehesten?
Ist es zu früh diese Fragen zu stellen? Ich meine: Nein, denn wir Bürger können ja sehen, wie sich was entwickelt oder auch nicht entwickelt. Themen wie Sicherheit, Bildung, Wohnraumschaffung, funktionierende Verwaltung und Verkehr sind die brennenden Dinge in unserer Stadt.
Die finanziellen Mittel Berlins sind begrenzt und deshalb ist es nicht sehr intelligent, nun Mittel für die Enteignung von privaten Wohnungskonzernen zu binden. Das schafft keinen zusätzlichen Wohnraum, sondern verschreckt nur Investoren neuen Wohnraum zu schaffen.
Berlin hat ein Ausgabenproblem
Man muss schon ziemlich naiv sein zu glauben, dass die Stadt Berlin Wohnraum allein, ohne private Investoren flächendeckend erschaffen kann. Seit Jahren wurden Bauvorhaben verschleppt und Baugenossenschaften müssen klagen, weil ihnen von der Stadt keine Grundstücke für preiswerte Wohnungsbauten freigegeben werden. Eine zeitnahe, sachgerechte Problemlösung sieht anders aus. Da muss der Senat noch schnellstens konstruktivere Möglichkeiten eröffnen. Allerdings ist der aktuelle Hinweis des Regierenden Bürgermeisters zum Thema Schuldenbremse kontraproduktiv. Berlin hat kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Kai Wegner rutscht damit in die Phantasiewelt von Rot-Grün ab. Dafür wurde er sicher nicht gewählt. Wir Bürger müssen aufpassen, dass die Phantasien der Politiker uns nicht den letzten Groschen kosten.
Es gibt nämlich eine lange Liste von Dingen, die dringend geändert und auf den Weg gebracht werden müssen. Aber das Eiligste für Berlin ist die Innere Sicherheit, wenn man dem Wählerauftrag gerecht werden und den Parteien an den Rändern nicht noch mehr Zulauf bescheren will. Die Senatorin für Inneres Iris Spranger (SPD) hat hier eine besondere Verantwortung für die Berlinerinnen und Berliner. Die Situationen am Görlitzer Park und an anderen Hotspots Berlins erfordern nicht nur eine Einordnung als „inakzeptabel“ (Zitat Kai Wegner), sondern ein schnelles, konsequentes Handeln.
Schnelles Handeln notwendig
Eine zynische Staatsanwaltschaft, die mehr als vier Wochen schweigt und damit das Risiko erhöht, dass weitere Frauen dort Opfer werden könnten, ist ebenso inakzeptabel, wie die Tat selbst.
Herr Wegner, Frau Giffey, wo bleibt Ihr schnelles und konsequentes Handeln, damit wir Bürger wieder der Sicherheit in unserer Stadt vertrauen und sie ihre Politiker respektieren können?
Text: Harald Wahls, Herausgeber