Bundesverfassunsgericht in Karlsruhe, Außenansicht.
Das Bundesverfassungsgericht muss sich mit der Klage gegen die Bundestagswahl im letzten Jahr befassen. Bild: IMAGO / Arnulf Hettrich

Der Journalist Roland Tichy hat eine Initiative gegründet, die per Klage vorm Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erreichen will, dass die Bundestagswahlen in ganz Berlin wiederholt werden.

Während die Wahlen für das Berliner Abgeordnetenhaus und die Bezirksparlamente am 12. Februar 2023 komplett wiederholt werden müssen, soll die Bundestagswahl nur in 431 von 2.300 Berliner Wahlbezirken wiederholt werden. Das hat der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP beschlossen. Gegen diesen Beschluss hat eine Initiative, gegründet vom Journalisten Roland Tichy („Tichys Einblick„), Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht.

„Dass für die Bundestagswahl niedrigere Anforderungen als für die Wahl zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksversammlungen gelten sollen, kann nicht sein“, sagt Tichy im Gespräch mit dem Berliner Abendblatt, und weiter: „Wahlen sind das Heiligtum der Demokratie. Wer bei Wahlen pfuscht, zerstört die Demokratie.“ 

Mandatsrelevante Fehler

Dass bei den Berlin-Wahlen im September 2021 nachlässig gearbeitet wurde, hat das Landesverfassungsgericht den Wahlbeteiligten im November dieses Jahres klar attestiert. Mandatsrelevante Wahlfehler seien unter anderem durch Berichte der Bezirkswahlausschüsse und durch eigene Untersuchungen belegt worden, erläuterte die Vorsitzende des Landesverfassungsgerichts, Ludgera Selting.

Der Bundestag, der zur gleichen Zeit und unter den gleichen chaotischen Verhältnissen (fehlende Stimmzettel, Wählen nach 18 Uhr, lange Warteschlangen usw.) stattgefunden hat, sei ein Parlament des gleichen Rechts, bei dem gleiche Wahlbedingungen und Wahlgeheimnis genauso ernst genommen werden müssen wie auf Berlin-Ebene, so Tichy.

Umfangreiche Neuwahl nicht von allen gewollt

Bei Neuwahlen würden einige Parlamentarier zwar ihre Mandate verlieren. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung haben sich vor allem FDP und Grüne gegen eine umfangreichere Neuwahl gesperrt. Sind es doch laut Recherchen des „Business Insiders“ vor allem Politiker dieser Parteien, die ihr Mandat nach einer Neuwahl verlieren könnten. „Aber ein erschwindeltes Mandat kann nicht gültig sein“, sagt Tichy.

Jede „natürliche oder juristische Person“ hat das Recht, sich mit einer Verfassungsbeschwerde an die Karlsruher Verfassungsrichter zu wenden. Die Initiative rund um Roland Tichy ergreift jetzt diese Möglichkeit. Die Kosten der Klage übernimmt die Atlas-Initiative für Recht und Freiheit. Laut Tichy bewegen sich diese im fünfstelligen Bereich. Auf der Website der Initiative steht ein Widerspruchsformular gegen die Bundestagswahl 2021 bereit, dass laut Tichy „schon einige Tausend Male heruntergeladen wurde“. Die Menschen seien wütend und würden sich über die „Arroganz ärgern, mit denen ihre Einsprüche vom Deutschen Bundestag vom Tisch gewischt würden“, so Tichy.

Weitere Kläger

Auch die AfD-Bundestagsfraktion wolle Wahlprüfungsbeschwerde in Karlsruhe einlegen. Das kündigte Fraktionsjustiziar Stephan Brandner an. Die Bundestagswahl müsse in Berlin vollständig wiederholt werden – so wie die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vom selben Tag. Parallel bereitet die CDU/CSU-Fraktion eine Beschwerde vor, berichtet der Tagesspiegel. Die Klagefrist läuft am 10. Januar 2023 ab. 

Text: Sara Klinke