Sind alles andere als einer Meinung: Karl Lauterbach und Andreas Gassen (v.l.). Bild: IMAGO / Future Image
Sind alles andere als einer Meinung: Karl Lauterbach und Andreas Gassen (v.l.). Bild: IMAGO / Future Image

Corona-Pandemie: Der  Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, will die Isolations- und Quarantänepflichten für Infizierte aufheben. Ist das der Weg zurück in ein normales Leben?

Die Inzidenzen in Österreich sind hoch, liegen etwa bei 900 Corona-Infektionen auf 100.000 Einwohner in einer Woche, und sind damit sehr viel höher als in Deutschland. Dennoch nimmt sich unser Nachbarland jetzt aus dem Pandemie-Geschehen raus und hat zum 1. August die Quarantänepflicht für Corona-Infizierte abgeschafft. Zu groß seien die sozialen und psychischen Folgen dieser Pandemie, wird seitens der Regierung als Begründung angegeben.

Frankreich geht noch weiter und beendete zum 1. August sämtliche Corona-Maßnahmen. In Deutschland gilt unter anderem noch: Maske in Bus und Bahn – und: Wer infiziert ist, begibt sich für fünf Tage in Isolation.

Zurück zur Normalität

Die Diskussionen um ein Ende der Quarantänepflicht in Deutschland werden aktuell jedoch unter heftigen Spannungen geführt. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hat sich jüngst für eine Aufhebung aller Corona-Isolations- und Quarantänepflichten ausgesprochen. Das würde für die Arbeitswelt bedeuten: Wer sich mit Corona infiziert, fühlt sich entweder krank und bleibt der Arbeit fern, weil er eben krank ist. Wer sich gut fühlt und keine Symptome hat, geht zur Arbeit. „So halten wir es mit anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe auch“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

„Friedensangebot des Virus“

Das wäre dann ein Schritt zurück zu der Zeit, als Corona noch nicht unseren Alltag bestimmt hat. Das Ende der Isolationspflicht würde außerdem den Druck bei derzeitigen Personalengpässen in verschiedenen Branchen rausnehmen. „Wir sind das letzte Land, das noch derart aufgeregt über einen Corona-Notstand diskutiert“, sagte Gassen. Es sei nicht möglich, sich dauerhaft vor dem Virus zu verstecken.

Der Arzt bezeichnete die aktuelle Omikron-Virusvariante „fast als Friedensangebot des Virus“, weil die Verläufe trotz der hohen Inzidenzen und zusätzlich Hunderttausender nicht erkannter Ansteckungen meistens mild seien. Zurück zur Normalität also?

Risiko am Arbeitsplatz

Davon hält Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gar nichts und schießt sogleich gegen die „Zurück-zur-Normalität-Idee“ von Gassen. „Infizierte müssen zuhause bleiben. Sonst steigen nicht nur die Fallzahlen noch mehr, sondern der Arbeitsplatz selbst wird zum Sicherheitsrisiko“, twitterte er in der vergangenen Woche.

Auch die grüne Gesundheitspolitikerin Saskia Weishaupt fordert ein Festhalten an den bestehenden Regeln. Nicht aber die FDP. Die sieht das wie Herr Gassen. Der stellvertretende FDP-Parteichef Wolfgang Kubicki sagte gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, es sei aus Gründen der Eigenverantwortung überfällig, den Menschen die Entscheidung über ihre Isolation wieder selbst zu überlassen.

Über ein neues Infektionsschutzgesetz für den Herbst wird derzeit innerhalb der Bundesregierung final verhandelt.

Text: Sara Klinke