NEU IM KINO Aljoscha Pauses überaus erhellender Dokumentarfilm „Fritz Litzmann, mein Vater und ich“.
Der Filmemacher Aljoscha Pause ist Spezialist für Filme über Fußball, sein Dokumentarfilm „Tom Meets Zizou“ gilt als einer der besten Filme zum Thema überhaupt. Doch nun ist Pause mit „Fritz Litzmann, mein Vater und ich“ ganz neue, sehr persönliche Wege gegangen, mit einem überragenden Ergebnis – Seelenstriptease inklusive.
Aljoscha Pause, Jahrgang 1972, hatte eine – gelinde gesagt – komplizierte Kindheit. Denn sein Vater ist Rainer Pause: Jahrgang 1947, Schauspieler, Kabarettist sowie Gründer und bis heute Leiter des Bonner Pantheons, eine der wichtigsten Spielstätten des politischen Kabaretts.
1987 übernimmt Pause eine Bühne in Spuckweite vom Bonner Parlament, die alsbald zum „Place to Be“ avanciert. Alle großen Kabarettisten geben sich hier die Ehre und buhlen um den begehrten Preis Prix Pantheon, Heroen wie Gerhard Polt, Georg Schramm, Helge Schneider oder Sebastian Pufpaff kommen im Film pointiert zu Wort.
Die Bühne hatte Priorität
Mittels Interviews, Archivaufnahmen und Erzählungen auch von Aljoschas Jugendfreunden entsteht nun in 144 Minuten zum einen das Porträt eines der wichtigsten Kabaretttheaters, zum anderen die Geschichte einer schwierigen Vater-Sohn-Beziehung. Denn der Workaholic Rainer Pause – seine Bühnenfigur Fritz Litzmann mit dem Kassengestell dürfte vielen ein Begriff sein – hatte einfach nie Zeit für seinen Sohn, die Bühne stand immer an erster Stelle. Ein Umstand, den er – selbst mit einer schwierigen Beziehung zum Vater belastet – heute freimütig zugibt, sich aber gerne auf das Wort „Freiheit“ in Fragen der Erziehung des Sohnes zurückzieht.
Für Aljoscha hatte dies zur Folge, dass er schon als Teenager meist auf sich selbst gestellt war, mit Schulverweisen, Partyexzessen und all dem, was man als Jugendlicher eben so anstellt, wenn keiner auf einen aufpasst. Illustriert werden diese erzieherischen Frustmomente durch hübsche Animationen. Dabei ist es erstaunlich, wie offen Vater und Sohn ihre Konflikte vor der Kamera aufarbeiten. Zudem kommen auch Lebensgefährtinnen von Rainer zu Wort, die oftmals mit der Erziehung Aljoschas überfordert waren.
Darüber hinaus entsteht hier quasi nebenbei das erhellende Bild der westdeutschen Linken zwischen 1968 und dem Fall der Mauer, vom Glauben an die Revolution bis zum Wechsel der Bundeshauptstadt von Bonn nach Berlin.
Text: Martin Schwarz
Fritz Litzmann, mein Vater und ich, D 2025, 144 Min., R: Aljoscha Pause, mit Rainer Pause, Carolin Kebekus, Bastian Pastewka u.a., Kinostart: 29.5.