Letzte Trainingseinheiten vor dem großen Rennen: Claus-Henning Schulke fährt sich warm für das "Race Across America". Foto: Michael Krämer
Letzte Trainingseinheiten vor dem großen Rennen: Claus-Henning Schulke fährt sich warm für das "Race Across America". Foto: Michael Krämer

Ganze 4828 Kilometer – und keinen einzigen weniger. So viele müssen die Athleten hinter sich bringen, die das diesjährige “Race Across America” (RAAM) erfolgreich absolvieren möchten. So auch Claus-Henning Schulke aus Berlin-Zehlendorf.

Der 57-jährige Projektmanager im Baubereich erlangte in den letzten Jahren als im wahrsten Sinne des Wortes energiegeladener Wasserträger für den Lauf-Star Eliud Kipchoge reichlich Bekanntheit. Doch auch Bottle Claus, wie ihn Marathon-Fans seitdem nennen, jagt seit Jahrzehnten seinen ganz eigenen, sportlich ambitionierten Träumen zu Fuß und Fahrrad hinterher.

Ein echter Jugendtraum

Ab dem 13. Juni will Schulke beim “Race Across America”, einem der anspruchsvollsten und prestigeträchtigsten Ultra-Ausdauerrennen der Welt, auf zwei Rädern von der West- an die Ostküste der USA strampeln. Auf der über zwölf Bundesstaaten verteilten und 5000 Kilometer langen Strecke erwarten den Berliner zudem über 50000 Höhenmeter, die überwunden werden möchten.

Bereits 1987 hörte Schulke erstmals von dem traditionsreichen Radrennen quer durch die Vereinigten Staaten. Damals war er als Bike-Packer mit Zelt quer durch die USA unterwegs und traf viele Gleichgesinnte – unter anderem die Crew eines RAAM-Teilnehmers. Diese reichte ihm direkt aus dem Wohnmobil eine energiespendende Cola und berichtete Schulke von ihrem Trip.

Seitdem ist der Berliner angefixt von dem Gedanken, selbst einmal an dem Rennen teilzunehmen. Doch die Startplätze für das “Race Across America” sind streng limitiert. Im Jahr 2021 gewann Schulke schließlich das “Race Across Germany” in seiner Altersklasse und 2022 auch noch dessen Gesamtwertung. Somit qualifizierte er sich für das US-Rennen. Für Schulke ging nach vielen Jahren ein echter Jugendtraum in Erfüllung.

Wettlauf gegen die Zeit

Aber nicht nur die Strecke selbst verlangt den Teilnehmern alles ab, hinzu kommen extreme Wetterbedingungen und der ständige Kampf gegen die Zeit. Denn gefahren wird Tag und Nacht, die Uhr läuft immer weiter, ganz egal, ob man schläft oder im Sattel sitzen bleibt. Was zählt ist, wer nach rund anderthalb Wochen und 400 bis 500 Kilometern pro Tag auf dem Fahrrad in Annapolis, Maryland, zuerst ankommt.

Doch was für viele wahnsinnig erscheinen mag, ist für Claus-Henning Schulke ein realistisches Ziel. Bereits im vergangenen Jahr absolvierte er erfolgreich das “Atlas Mountain Race”, das ihn fünf Tage lang auf rund 1.200 Kilometern über teils groben Schotter durch die Gebirge und Wüsten von Marokko führte. Sein täglicher Arbeitsweg von Zehlendorf nach Mitte per Fahrrad erscheint Schulke dagegen wie die einfachste Sache der Welt – gehört jedoch auch zum ständigen Trainigsprogramm des passioniersten Sportlers. “Arbeiten, essen, trainieren, schlafen, mehr war da zuletzt nicht”, berichtet Schulke über seine RAAM-Vorbereitungen der letzten Wochen.

Sein vorerst letztes richtiges Training für das “Race Across America” führte Schulke ins Erzgebirge, wo er nochmal sein modernes, von Zweirad Stadler gesponsertes Cannondale-Rennrad auf Herz und Nieren prüfen konnte. “Das ist eine super Maschine und ist jetzt auch komplett auf mich eingestellt und eingefahren”, sagt Schulke. Doch nicht nur die Technik funktioniert, auch der Fahrer selbst fühlt sich körperlich fit und bestens vorbereitet.

Starkes Team im Rücken

Doch Schulke macht sich nicht alleine auf den weiten Weg durch die USA. Mit im Gepäck hat er ein achtköpfiges Team, das ihn rund um die Uhr auf seiner Fahrt begleitet und sich von technischen Problemen über Verpflegung bis hin zu Film- und Fotoaufnahmen um alles kümmert. Dabei sollen nicht nur Fotos und Videoclips für Instagram, sondern sogar eine komplette Filmdoku entstehen.

„Ich werde versuchen, nicht mehr als ein oder zwei Stunden pro Tag zu schlafen.“

Claus-Henning Schulke

Wer neben den Updates auf Social Media von Deutschland aus das Rennen verfolgen möchte, kann allen Teilnehmern rund um die Uhr auf Trackleaders.com folgen. Auf einer Karte werden hier während des gesamten Rennens die Live-Positionen der Fahrer angezeigt. So kann man dem Fortschritt von Schulke folgen und sehen, wo er gerade doch mal eine Pause oder sogar ein Schläfchen einlegt. Diese sollten jedoch möglichst kurz ausfallen, um bloß keine Zeit zu verlieren. “Ich werde versuchen, nicht mehr als ein oder zwei Stunden pro Tag zu schlafen”, so der Berliner.

Die richtige Verpflegung

Neben dem Kampf gegen die Zeit ist auch die richtige Verpflegung ein wichtiges Thema für das Team von Claus-Henning Schulke. Eigenen Schätzungen zufolge wird er auf seiner Fahrt etwa 7000 Kilokalorien pro Tag verbrauchen. Männer mittleren Alters verbrennen normalerweise etwa 2300 in 24 Stunden. “Im Prinzip muss ich mir ständig Energie zuführen”, so Schulke.

Dabei hilft ihm seine Crew, die ständig Energieriegel, Gels, Wasser und andere Energiespender bereithalten und ihm den Rücken stärken wird. Genauso wie seine Freunde, Familie und vielen Follower, die von zuhause aus die Daumen drücken, dass er nach anderhalb Wochen erfolgreich die Ziellinie in Annapolis, Maryland, erreicht. Ganz egal auf welcher Position – denn beim “Race Across America” fühlt sich dank all der vielen Herausforderungen schon alleine das Ankommen wie ein echter Gewinn an.

Text: Sascha Uhlig