Nur noch diesen Monat dürfen wir mit dem 9-Euro-Ticket im Regional-Nahverkehr durch das ganze Land fahren. Ende August läuft das Angebot der supergünstigen Monatskarte schon wieder aus. Viele wünschen sich eine Fortsetzung des Angebots.
In der Politik wird über Nachfolgelösungen derzeit diskutiert. Die Ideen reichen vom gänzlich kostenlosen Angebot bis zur Fortführung des 9-Euro-Tickets über 29-, 69-Euro Tickets sowie ein 365-Euro-Jahresticket, wie es etwa von Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey vorgeschlagen wurde, und weitere.
Ticket zeigt Wirkung
Strikt gegen die Fortsetzung des 9-Euro-Tickets haben sich jetzt die Gewerkschaften der Eisenbahner und Lokführer ausgesprochen. „Wir stellen fest, dass das 9-Euro-Ticket krank macht“, sagt der Vize-Vorsitzende der Eisenbahngewerkschaft (EVG), Martin Burkert.
Beschäftigte überlastet
„Die Beschäftigten in den Zügen sind an der Belastungsgrenze angekommen, die Krankenstände sind hoch. Das gilt vom Reinigungsbereich bis zum Sicherheitspersonal.“ Die Züge seien einfach zu voll. Kein Durchkommen mehr, Pöbeleien, Übergriffe. „Die Beschäftigten sind die Leidtragenden“, sagt Burkert. Aber auch viele Bereiche drumherum seien überstrapaziert durch die Flut an Passagieren, die das 9-Euro-Ticket mit sich gebracht hat. „Aufzüge, Rolltreppen leiden. Das Gewicht ist dauerhaft zu groß und auch die Züge müssen schneller in die Instandhaltung.“
Kostenloser ÖPNV
Zu einer Anschlussregelung für das 9-Euro-Ticket hat die EVG eine klare Haltung. Mittel- bis langfristig soll es einen kostenfreien öffentlichen Personennahverkehr geben. Denn wer die Klimaziele erreichen wolle, der müsse die Verkehrswende herbeiführen, so Burkert. „Aber in Stufen“, ergänzt er. Das 365-Euro-Ticket etwa wäre für den Anfang ein gangbarer Weg, wenn im Voraus genügend Personal rekrutiert und eine neue Fahrzeugstrategie errichtet werden könnte.
Kurz: Mehr Investitionen, mehr Personal und dann Schritt für Schritt in Richtung kostenloser ÖPNV. In Luxemburg und Estland beispielsweise sei das schon gelungen, so der EVG-Vizevorsitzende. Aber Hals über Kopf ins 9-Euro-Ticket, das sei der falsche Weg. Allerdings zeige das Angebot ganz deutlich: Wenn das Angebot stimmt und der Preis passt, dann nemen Menschen den öffentlichen Personennahverkehr und den Schienenpersonalverkehr an. „Das zeigen mittlerweile über 31 Millionen Fahgäste, davon über 21 Millionen neu, die zum Teil das erste Mal mit dem Zug gefahren sind“, sagt Burkert.
Eigentlich für Pendler gedacht
Ähnlich bezog der Chef der Lokführergewerkschaft (GDL), Claus Weselsky, Stellung dazu. Durch die zusätzlichen Passagiere sei die Bahn völligst überlastet. Reisende würden zusätzlich in die Züge gebracht, obwohl das Angebot eigentlich dafür gedacht gewesen sei, Pendler zu entlasten. Er könne von einer Verlängerung des 9-Euro-Tickets nur abraten, sagte Weselsky gegenüber rbb Inforadio.
Nicht verhökern
Eine kostenfreie Anschlusslösung will er schon gar nicht. „Wir verhökern hier etwas, wir tun so, als wäre Nahverkehr umsonst. Das bedeutet doch am Ende des Tages, dass das ein wertloses Produkt ist. Im Gegenteil: Wir müssen zu einem vernünftigen Preis bundesweit ein ordentliches Ticket für den Nahverkehr, für die Pendler zum Tragen bringen.“
Text: Sara Klinke