Ein Spaziergang von Nieder- nach Oberschöneweide mit seinen wiederbelebten Industriearealen.
Die Erkundung beginnt am S-Bahnhof Schöneweide. Schnell weg vom lauten Adlergestell und hinein in die Britzer Straße in den Kiez von Niederschöneweide, vorbei an der Friedenskirche, eine architektonisch sehr reizvolle Mischung aus märkicher Tradition und neuer Sachlichkeit. Kurz darauf erreicht man das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit (Britzer Str. 5, Niederschöneweide, Tel. 63 90 28 80, Di–So 10–18 Uhr, Eintritt frei, www.ns-zwangsarbeit.de).
Auf dem Berliner Stadtgebiet befanden sich zur Zeit des Nationalsozialismus etwa 3.000 Lager für Zwangsarbeiter. Das an der Britzer Straße ist das einzige, das fast vollständig erhalten ist. In sechs der 1943 gebauten Baracken ist das Dokumentationszentrum untergebracht; seit 2006 kann man sich dort umfassend zum Thema Zwangsarbeit informieren.
Am 16. März findet um 14 Uhr innerhalb der Ausstellung „Missing female Stories“ eine 20-minütige Peformance mit Gespräch statt. Darin macht Birgit Szepanski auf die namenlosen Frauen aufmerksam, die in der „Bordell-Baracke“ in der Königsheide Sex-Zwangsarbeit leisten mussten.
Es geht weiter entlang der Britzer Straße über die Schnellerstraße. Nach etwa 100 Metern erreicht man das Ufer der Spree, wo es nach links geht. In einer kleinen Grünanlage befinden sich ein Spiel- und ein Bolzplatz, davor zeigt sich die Fußgänger- und Radfahrerbrücke mit dem illustren Namen Kaisersteg.
Bevor es über diese geht, lockt links am Beginn der Hasselwerder Straße das „Café Delicias“ mit süßen Köstlichkeiten (Mi–So 9–16 Uhr). Es gibt auch glutenfreie, laktosefreie und für Diabetiker geeignete Produkte.
Der alte Kaisersteg wurde von den Nazis gesprengt
Auf der Brücke hat man eine herrliche Sicht auf die Spree. Der Steg ist ein Nachbau aus dem Jahr 2007. Die ursprüngliche Brücke wurde 1898 erbaut – aus dieser Zeit stammt auch der Name – und gegen Ende des Zweiten Weltkriegs von SS-Einheiten gesprengt.
Auf der anderen Uferseite in Oberschöneweide empfängt eine Fläche mit vielen Sitzmöglichkeiten auch direkt am Wasser die Spaziergänger. Vom „Platz am Kaisersteg“ geht es nach links, auf dem benachbarten Gelände befinden sich zahlreiche alte Fabrikhallen, die für eine neue Nutzung hergerichtet wurden.
So etwa der „Industriesalon Schöneweide“, ein „Forum für Industrie – Technik – Kultur“ (Reinbeckstr. 9, Oberschöneweide, Tel. 53 00 70 42, Ausstellungen: Mi–So 14–18 Uhr, www.industriesalon.de). Im Museum des Industriesalons werden Exponate aus dem ehemaligen Werk für Fernsehelektronik (WF) gezeigt, es werden Vorträge und Führungen angeboten.
Zum anderen befinden sich dort auch die „Reinbeckhallen“, die ganz im Zeichen der Kunst stehen (Reinbeckstr. 9–49, Oberschöneweide, Tel. 20 39 31 11, Mo–Fr 10–18 Uhr, Sa+So & Feiertage 13–18 Uhr, www.stiftung-reinbeckhallen.de). Es gibt Ausstellungen und andere Veranstaltungen. So zeigt die Künstlerin Evelyn Bencicova noch bis zum 30.3. ihre Ausstellung „Immersion“.
Oberschöneweide besitzt einen gemütlichen Altbaukiez
Nach so viel Kultur geht es die Reinbeckstraße entlang und über die Wilhelminenhofstraße. Es geht nach links und rechts in die Schillerpromenade. Dort wird es ruhiger, die Promenade mündet in die Griechische Allee mit der St. Antoniuskirche. Weiter auf dem Grünstreifen der Griechischen Allee, die zur Kottmeierstraße wird.
Eine entspannte Wohngegend, in der es rechts in die Rathenaustraße geht. Hier befindet sich das „Restaurant Masala“ mit Speisen aus Südostasien (Slabystr. 25, Oberschöneweide, Tel. 66 63 68 06, tägl. 12–24 Uhr, www.masala-berlin.de).
Die Rathenaustraße führt in die Wilhelminenhofstraße zurück. Rechts gelangt man zur Spree und zum alten Lastenkran. Leider führt der Weg rechts am Wasser in eine Sackgasse. Links kommt man zurück auf die Wilhelminenhofstraße, wo der Spaziergang endet. Für die etwa fünf Kilometer lange Strecke sollte man um die zwei Stunden einplanen.
Text: Martin Schwarz