Die Verwahrlosung Berlins greift weiter um sich. Ganz nach dem Motto: dreckig und kein bisschen sexy.
Der Fernsehturm ist eines der Wahrzeichen Berlins. Doch wer genau hinschaut, wendet sich mit Grausen ab. Abblätternde Farbe, verschmierte Wände, in vielen Ecken riecht es nach Urin.
Verschmierte Wände
Glamourös geht anders, sauber sowieso. An manchen Tagen scheint es fast so, als kämen die Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) nicht mehr hinterher – selbst wenn sie es versuchen. So empfand es auch eine Leserin des Berliner Abendblatts als sie ihrem Besuch von Außerhalb Berlins Mitte zeigte.
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Zu Fuß ging es vom Alexanderplatz zum Reichstagsgebäude. Eine geschichtsträchtige Route, doch „alles war voller Papier, Müll und Abfälle”, schrieb sie uns. „Es war kaum ein Papierkorb zu sehen und wenn ja, dann war er überfüllt und alles quoll heraus.” Vor dem Reichstagsgebäude sah es nicht viel besser aus – eher im Gegenteil. Der Platz der Republik: „vermüllt und verkommen.”
Keine Heinzelmännchen
In einer Mail an die Regierende Bürgermeisterin beklagt unsere Leserin, dass Berlin seinem Ruf als Schmuddelkind einmal mehr gerecht wird, während viele andere große Städte wie etwa München oder Wien zumindest die Plätze und Straßen rund um ihre Wahrzeichen in Schuss und somit auch sauber halten.
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In einem Antwortschreiben der Senatskanzlei, das uns vorliegt, heißt es, dass es bezüglich der Sauberkeit in Berlin „immer wieder Tendenzen und unübersehbare Erscheinungen von Gleichgültigkeit und Verwahrlosung gibt.”
Die Stadt sei jedoch nicht schmutzig, weil zu wenig gereinigt wird, sondern weil zu viel achtlos verunreinigt wird. Doch weder die BSR noch die Ordnungsämter „können die Rolle eines Heinzelmännchens übernehmen, das über Nacht alles wieder saubermacht.”
Nette Geste
Genau diesem laxen Verhältnis zu Ordnung und Sauberkeit begegnet man zusehends auch abseits großer Wahrzeichen, nämlich direkt vor unseren Haustüren. Klar, eine „Bücherkiste zum Verschenken“ ist eine nette Geste.
Doch oft werden Elektroschrott, dreckige Matratzen oder ganze Schrankwände „verschenkt”, indem man sie einfach vor der Tür abstellt und einen Zettel draufpappt. Wird schon irgendwer haben wollen. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Doch nicht so für die Berliner Stadtreinigung und die Ordnungsämter – sie sind es, die sich mit dem Müll herumschlagen müssen. Und die Rechnung bezahlt letztendlich der Steuerzahler.
Immer mehr Müll
Bereits im Frühjahr dieses Jahres gab es mehrere schriftliche Anfragen bezüglich Müll und Sauberkeit im Berliner Abgeordnetenhaus. So wollte die Grünen-Politikerin Tuba Bozkurt wissen, wie schnell illegale Ablagerungen beseitigt werden.
Ein bis zwei Wochen, so hieß es von Seiten des Senats, in einigen Straßenzügen gerne mal länger. Um gegen illegalen Sperrmüll stärker vorzugehen, wurde allerdings schon vor längerer Zeit das Aktionsprogramm „Sauberes Berlin” gestartet, das neben kostenlosen Sperrmüllaktionstagen auch Aufklärungsprojekte umfasst.
Ob diese auch Früchte in Form sauberer Straßen tragen, wird etwa im Bezirk Mitte von rund 50 Dienstkräften des Allgemeinen Ordnungsdienstes kontrolliert, welche „in regelmäßigen Abständen Schwerpunkteinsätze durchführen”.
Parks besonders belastet
Besonders problematisch ist die Müllsituation in Berlin auch in den Parks der Stadt, ganz besonders im Sommer. So spricht das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von einem „sich verschlechternden Nutzungsverhalten und steigenden Abfallmengen”.
Neben mehr Mülleimern oder Aktionsprogrammen könnte wohl nur eines wirklich helfen: konsequenter erteilte Verwarn- und Bußgelder gegen die Müllsünder. Erst Ende 2019 erhöhte Berlin die Verwarn- und Bußgelder für Umweltvergehen.
Basierend auf den Erfahrungsberichten der Bezirke jedoch bislang ohne nennenswerte Ergebnisse. Die Höhe der Bußgelder spielen laut dem Senat „eine eher nachgeordnete Rolle”, viel entscheidender sei, dass „für Verursachende von Verstößen wahrnehmbar sein muss, dass diese Vergehen auch kontrolliert und geahndet werden.”
Weniger Müll durch mehr Kontrollen also. Man darf gespannt sein, ob sich dadurch was ändert.
Text: Sascha Uhlig