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Das Derby steigt gleich zum Bundesliga-Auftakt. Bilder: Imago/Nordphoto, Matthias Koch

Ausgerechnet mit einem Derby starten Berlins Fußball-Bundesligisten in die 60. Spielzeit der obersten deutschen Profiliga. Grund genug, den 1. FC Union Berlin und Hertha BSC einem gründlichen Vergleich zu unterziehen. Und dabei zu klären, wer der eigentliche Stadtmeister ist.

Die Vereine

Hertha BSC: Gegründet am 25. Juli 1892, durfte die „Alte Dame“ gerade ihren 130. Geburtstag feiern. Sie gehört zu den traditionsreichsten Fußballvereinen Deutschlands und wurde in den Spielzeiten 1929/1930 und 1930/1931 zweimal hintereinander Deutscher Meister. Hertha BSC ist Gründungsmitglied des Deutschen Fußballbundes und der Fußball-Bundesliga. Weitere sportliche Erfolge:drei Finalteilnahmen im DFB-Pokal (1977, 1979, 1993:Hertha BSC II), Halbfinale UEFA-Cup (1979). In der ewigen Tabelle der Fußball-Bundesliga rangiert Hertha BSC auf Rang 12. Der Verein hat seinen Sitz in Westend im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Neben Fußball werden im Verein Sportarten wie Boxen, Kegeln oder Tischtennis betrieben. Aktuelle Mitgliederzahl: 41.200 (Mai 2022).


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1. FC Union Berlin: Gegründet am 20. Januar 1966, bezieht sich der Fußballverein in seiner Tradition auf den 1909 gegründeten Union Oberschöneweide. Größter sportlicher Erfolg ist der Gewinn des FDGB-Pokals 1968 (Pokalsieger der DDR). Weitere sportliche Erfolge: FDGB-Pokalfinale 1986 und DFB-Pokalfinale 2001. In der ewigen Bundesligtabelle rangiert Union Berlin auf Platz 37. Der reine Fußballverein hat seinen Sitz in der Wuhlheide im Bezirk Treptow-Köpenick. Aktuelle Mitgliederzahl: 42.491 (Stand: 30. Juni 2022)

Hertha vs. Union 1:0

Die Stadien

Hertha BSC: Spielt zum Leidwesen seiner Fans noch immer im zwar wunderschönen, aber viel zu großen Olympiastadion. Das Stadion hat 74.475 Plätze, der Zuschauerschnitt Herthas betrug in der Vor-Corona-Saison 2018/2019 49.318 pro Spiel. Seit Jahren streiten sich Verein und das Land Berlin über den möglichen Standort eines reinen Fußballstadions (mit rund 50.000 Plätzen), das Hertha gern in Eigenregie bauen möchte. Hertha BSC hatte ein eigenes Stadion im Stadtteil Gesundbrunnen. Da die „Plumpe“, so der Volksmund, aber nicht den Ansprüchen der Bundesliga genügte, bestritt Hertha ab 1964 seine Bundesligaspiele im Olympiastadion und kehrte nur noch einmal als Regionalligist (1965  bis 1968) dorthin zurück. Nach dem Bundesligaskandal (siehe Skandale) 1971 musste der hochverschuldete Verein das Stadion am Gesundbrunnen verkaufen.


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1. FC Union Berlin: Die Eisernen spielen im Stadion an der Alten Försterei. Und so wie es aussieht auch die Europacup-Begegnungen. Mit einem Fassungsvermögen von aktuell 22.012 Zuschauern (davon 18.395 Steh-und 3.617 Sitzplätze) ist es das größte und modernste „reine“ Fußballstadion Berlins und für seine außerordentliche Atmosphäre berühmt und (beim Gegner) berüchtigt. Der Zuschauerschnitt in der Saison 2018/2019 betrug 21.231 pro Spiel. Fußball gespielt wird an dieser Stelle bereits seit 1920. Damals noch unter dem Namen Sportplatz Sadowa, wurde das Stadion am 7. August 1920 mit einem Spiel des SC Union Oberschöneweide gegen den amtierenden deutschen Meister 1. FC Nürnberg (1:2) offziell eingeweiht. Nach einem Ausbau der Alten Försterei, der 2023 beginnen soll, wird das Stadion auf mindestens 37.000 Plätze erweitert.

Hertha vs. Union 0:1

Die Skandale

Hertha BSC: Verstöße gegen sportverbandliche Regeln und damit verbundene Strafen sind Teil der blau-weißen Geschichtsschreibung. So wurde die Hertha nach der Saison 1902/1903 auf den letzten Platz zurückgestuft, weil eine Reihe nicht berechtigter Spieler eingesetzt worden waren. Das Thema unerlaubter Handgeldzahlungen wurde 1918/1919 akut. Nach der Hinrunde disqualifiziert, durfte man aber in der darauffolgenden Saison wieder am Ligabetrieb teilnehmen. Weniger glimpflich ging es für den Bundesligisten nach der Saison 1964/1965. Wegen schwerer Verstöße gegen die DFB-Statuten wurde Hertha in die Regionalliga zurückgestuft. 1971 waren 15 Hertha-Spieler in den sogenannten Bundesligaskandal verwickelt. Insgesamt flossen damals 1,1 Millionen DM an Schmiergeld, damit Rot-Weiß Oberhausen und Arminia Bielefeld die Klasse halten konnten. Hertha musste die „Plumpe“ (siehe Stadien) verkaufen, um dem finanziellen Ruin zu entgehen. Und der Großteil der gesperrten 15 Spieler wurde bereits nach einem Jahr wieder begnadigt.

1. FC Union Berlin: Ende der Saison 1992/1993 schien nach dem Sieg in der Relegation gegen Bischofswerda der Traum vom Aufstieg in die Zweite Liga wahrzuwerden. Später stellte sich heraus, dass eine vom DFB geforderte Bankbürgschaft gefälscht worden war, um die notwendigen Lizenzauflagen für die zweite Profiliga zu erfüllen. Die Lizenz wurde verweigert, der Schuldige konnte nie ermittelt werden.

Hertha vs. Union 0:1

Die Fans

Hertha BSC. Die Ultras und Hardcore-Fans stehen in der Ostkurve des Olympiastadions. Sie allein sorgen für einen Großteil des Supports für die Mannschaft. Wenn sie nicht gerade mit ihrem Verein hadern. Denn sportlich ist Hertha BSC in den vergangenen Jahren immer geprägt gewesen durch eine übertriebene Erwartungshaltung, die der Verein nie einlösen konnte. Gut in Erinnerung sind die Vorkommnisse gegen Ende der zurückliegenden Saison: Nach der deutlichen Niederlage Zuhause gegen den 1. FC Union zwingen einige Ultras Hertha-Spieler, ihre Trikots abzugeben. Bei den anschließenden Begegnungen weigern sich die Spieler, sich in der Ostkurve für die Unterstützung zu bedanken. Inzwischen ist mit Kay Bernstein (41) ein „Kind der Kurve“ (Selbstdefinition) und Gründungsmitglied der Ultra-Gruppe „Harlekins Berlin“ Präsident von Hertha BSC. „Wir müssen uns wieder auf unsere Geschichte besinnen. Wir wurden schließlich als Arbeiterverein im Stadtteil Wedding gegründet“, fordert Bernstein.

1. FC Union Berlin. Der Motor des Supports bei Heim- und Auswärtsspielen sind die Ultras, die sich im Stadion an der Alten Försterei auf der sogenannten Waldseite versammeln. Die einzigartige Atmosphäre im engen Stadion entsteht aber erst dann, wenn auch die Fans auf der Gegengerade (die Traversen gegenüber der Haupttribüne) das komplette Spiel über mitsingen. Grundregeln im Stadion sind: „Pfeife nie die eigene Mannschaft aus. Gehe nie vor Abpfiff aus dem Stadion. Mache niemals einen aus dem Team zum Sündenbock. Heiserkeit ist der Muskelkater der Unioner.“ Konflikte zwischen Vereinsführung und Ultras werden zumeist hinter den Kulissen ausgetragen und geklärt. Mit Dirk Zingler ist zudem ein Ur-Union-Fan Vereinspräsident.

Hertha vs. Union: 0:1

Die Mannschaft

Hertha BSC. Der aktuelle Marktwert des 33 Spieler umfassenden Kaders beträgt 125,15 Millionen Euro. Das Durchschnittsalter liegt bei 25,3 Jahren. In der zurückliegenden Saison rettete sich Hertha durch einen Erfolg in den Relegationsspielen gegen den Hamburger SV vorm Abstieg. Trainer war Felix Magath. Aktueller Trainer ist Sandro Schwarz. Bisherige Transferbilanz: +14,30 Millionen. Der bisherige Spielführer Dedryck Boyata musste nach zwei Jahren die Binde abgeben, Neu-Coach Schwarz setzt auf Marvin Plattenhardt als neuen Kapitän. Ein Profi, der im defensiven Mittelfeld für Stabilität und Mentalität sorgen soll, ist IvanSunjic. Auf Leihbasis kommt der 25 Jahre alte Kroate von Birmingham City aus der zweiten englischen Liga. Offizielles Ziel und BAB-Prognose: Klassenerhalt.

Union Berlin. Der aktuelle Marktwert des 33 Spieler umfassenden Kaders beträgt 94,70 Millionen Euro. Das Durchschnittsalter liegt bei 26,2 Jahren. In der zurückliegenden Saison erspielte sich das Team um Kapitän Christopher Trimmel den fünften Platz, der zur Teilnahme an der Gruppenphase der Uefa-Euro-League berechtigt. Urs Fischer ist seit der Saison 2018/2019 Trainer, mit dem Schweizer Übungsleiter gelang 2019 der Aufstieg in die Fußball-Bundesliga. Bisherige Transferbilanz: +10,57 Millionen Euro. Wichtigste Abgänge: Stürmer Taiwo Awoniyi (Nottingham Forest) und Mittelfeldstratege Grischa Prömel (Hoffenheim). Verstärkung kommt unter anderem mit US-Stürmer Jordan Siebatcheu oder Norwegens Mittelfeld-Stratege Morton Thorsby. Offizielles Vereins-Ziel: Klassenerhalt. BAB-Prognose: mindestens gesichertes Mittelfeld.

Hertha vs. Union: 0:1

Endstand 4:1 für den 1. FC Union Berlin.