Mehr Neubau soll für mehr Wohnungen und damit Preisstabilität bei Mieten und Kaufimmobilien sorgen. Der Anteil bezahlbarer Neubauprojekte ist aber zu klein. Besonders renditeverdächtige Standorte wurden in den vergangenen Jahren hingegen relativ zügig realisiert.
Wer sich in der Berliner City umschaut, kann die zahllosen Baukräne gar nicht übersehen. Überall dreht sich irgendwo ein Kran, rumpelt ein Betonmischer, werden neue Bauzäune errichtet.
Ziel klar verfehlt
Mehr Neubau soll für mehr Wohnungen und damit Preisstabilität bei Mieten und Kaufimmobilien sorgen. Die Berliner Verwaltung signalisiert bereits seit Jahren: „Wir helfen mit schnellen Verfahren bei Bauanträgen.“ Den Neubau von 30.000 Wohnungen hatte sich der Senat 2016 als Ziel für die Dauer der aktuelle Legislaturperiode gesetzt. Ergebnis: Gerade mal 20.000 Wohnungen wurden gebaut und viele Anträge stecken noch nach Jahren der Bearbeitung in den Ämterschleifen.
Schwierige Situation
Dabei blieb das prognostizierte Bevölkerungswachstum weit hinter den Erwartungen zurück: Im Jahr 2020 waren es sogar 5.400 Berliner weniger als noch im Vorjahr. Allein die Kostensteigerungen für Miet- und Eigentumswohnungen bestätigten die Erwartungen: 2010 lagen laut Wohnungsmarktbericht der Berliner Investitionsbank die Mietpreise bei 6,49 Euro pro Quadratmeter kalt. Im vergangenen Jahr notierte man dafür bereits 10,51 Euro. Trotz der Einkommenssteigerungen in den letzten Jahren, ist die Wohnsituation im Hinblick auf die Mietzahlungsfähigkeit weiter problematisch“, merkt dazu der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, an. Dessen Verein beklagt immer noch einen großen Mangel an Wohnraum.
Viel zu viel Luxus
Angesichts ergebnisarmen Anstrengungen im sozialen Wohnungsbau entsteht in manchen Berliner Randbezirken und Nachbargemeinden allmählich der Verdacht, dass es in Wirklichkeit gar nicht darum geht, viele günstige Wohnungen zu bauen. Hier geht es um Verdrängung. Es fällt auf, dass besonders renditeverdächtige Standorte zum Beispiel mit Wasserblick oder mitten im Zentrum – wie das Tachelesgelände oder die Luxusapartments im Friedrich-Wilhelm-Karree oder die Europacity mit Nähe zum Hauptbahnhof in den vergangenen Jahren relativ zügig errichtet wurden.
Bearbeitungen dauern eine halbe Ewigkeit
Andere Projekte hingegen mit weniger Prestige und anderen wirtschaftlichen Dimensionen wie die am Pankower Tor oder an der Landsberger Allee stecken vergleichsweise eine halbe Ewigkeit in den verschiedenen Planungsphasen fest. Da scheint der Verdacht nicht so abwegig, dass bei Baugenehmigungen bestimmte Projekte bevorzugt werden. Projekte, an denen Immobilienfonds beteiligt sind, deren Anleger mit vielversprechenden Renditen in den Berliner Immobilienmarkt gelockt wurden.
Ein ungeheurer Verdacht drängt sich auf
Die aktuellen Informationen des Branchenportals Immo-Welt passen da ganz gut ins Bild. Nach deren Statistik vergrößerte sich in den vergangenen Jahren insbesondere das Angebot der Mietwohnungen mit Preisen weit jenseits der 2.500 Euro-Marke. Luxuspreise , die sich normale Wohnungssuchende kaum leisten können. Weshalb immer mehr von ihnen in die Randbezirke und den Berliner Speckgürtel ausweichen. Was bleibt, ist der ungeheure Verdacht, dass die bisherige Berliner Wohnungspolitik in erste Linie nicht sozial war, sondern eher jene im Blick hatte, die sich sowieso schon alles leisten können.
Text: Stefan Bartylla, Bild: Imago Stefan Zeitz