Bahnen für Deutschland
Berlins Wirtschaft - hier die Bahnproduktion im Stadler-Werk in Pankow, zeigt sich von der Corona-Krise gut erholt. Foto: Imago / Jürgen Heinrich

Dass Berlins Wirtschaft mit Widrigkeiten umgehen können, haben die meisten Berliner Unternehmen 2021 bewiesen. Und obwohl ihr Optimismus für dieses Jahr getrübt ist, halten sie aber vier Prozent Wachstum für möglich.

Zwei Erfolgsmeldungen aus diesen Tagen: BMW konnte 2021 weltweit mehr Motorräder und -roller verkaufen als je zuvor. Dabei kamen vier von fünf der insgesamt 194.262 Zweiräder aus dem Werk in Spandau.

Ebenfalls im Aufwind sind die jungen Berliner Start-ups, die im vergangenen Jahr mit der Rekordsumme von 10,5 Milliarden Euro mehr Wagniskapital einsammeln konnten als die Kollegen in allen anderen 15 Bundesländern zusammen. Das ist eine Steigerung um mehr als das Dreifache gegenüber 2020 (3,1 Milliarden Euro).

Die beiden Beispiele passen ins Bild, denn vor allem die Digitalwirtschaft und das verarbeitende Gewerbe sorgten 2021 für Wirtschaftswachstum in Berlin.

Wirtschaft optimistisch

Es sind diese und andere Zahlen, die die Berliner Wirtschaft verhalten optimistisch auch aufs neue Jahr schauen lassen.

Zugleich gab Christian Amsinck, seines Zeichens Chef der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), zu bedenken, dass die Erholung der Konjunktur leiden würde, je länger uns alle die Pandemie beschäftigt.

Nur durch erhöhte Anstrengungen, bislang unerreichte Teile der Bevölkerung zu impfen, könne man einem weiteren Lockdown entgehen.

Weitere Unsicherheitsfaktoren

Der müsse vor allem aus wirtschaftlichen Gründen unbedingt verhindert werden. Doch nicht nur die Pandemie mit all ihren Folgen würde der Wirtschaft in der deutschen Hauptstadt zu schaffen machen.

Weitere Unsicherheitsfaktoren für die Entwicklung der Konjunktur seien anhaltende Lieferprobleme. „Der Fahrzeugbau, der Maschinenbau und die Elektroindustrie sind hier sehr stark betroffen“, weiß Amsinck.

Es bestünde die Sorge, dass diese Lieferengpässe bis Mitte 2022 anhalten. In der Metall- und Elektroindustrie hätten acht von zehn Mitgliedsfirmen des UVB Lieferkettenprobleme.

Wenn man diese Herausforderungen und Corona in den Griff bekäme, könne man in Berlin mit einem Wachstum von vier Prozent rechnen, prognostiziert Amsinck.

Beste Wirtschaft

Dabei verspricht sich der UVB-Chef offensichtlich vom neuen Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für die SPD) mehr als von dessen Vorgängerin Ramona Pop (Grüne).

Mit Schwarz als ehemaligem Unternehmer und Präsident der Handwerkskammer Berlin bestünde Hoffnung auf „die beste Wirtschaft“.

Auch die im Koalitionsvertrag verankerte Zusage, in Berlin bessere wirtschaftliche Standortbedingungen zu schaffen, fanden bei Amsinck lobende Erwähnung.

In diesem Zusammenhang formulierte der UVB-Chef fünf Punkte, die jetzt im Fokus der Berliner Wirtschaftspolitik stehen müssten.

Dringende Modernisierung

Vor allem die von Corona besonders gebeutelten Branchen Gastronomie, Messe und Tourismus bräuchten ein Neustartprogramm, um sie so schnell wie möglich zu unterstützen.

Und da man nach der Pandemie nicht einfach so wie vorher weitermachen könne, müsse es zudem ein Zukunftskonzept für die Messe- und Tourismuswirtschaft geben.

Viel schneller als bislang sollte es beim Wohnungs- und Brückenbau vorangehen. „Mehr als 40 Querungen in Berlin müssen dringend modernisiert werden. Nur für ein Drittel davon ist im Haushalt bereits Geld eingeplant“, beklagt Amsinck.

Während er hier ein „Sofortprogramm Brücken“ forderte, mahnte er in Sachen Wohnungsbau mehr Tempo bei Planung und Genehmigung sowie weniger Vorschriften an.

Kritisch sieht der UVB-Geschäftsführer die Qualität von Bildung und Schulen sowie den Stand der Behördendigitalisierung. Hier sei Berlin bundesweites Schlusslicht. Ganz anders als BMW …

Text: Ulf Teichert, Bild: imago images/Jürgen Heinrich