– Meinung –
Kolumne: Der Journalist und Publizist Roland Tichy über die Verteidigung der Kultur vor Zensur für 1 Euro.
Auf den Flohmärkten sind Bücher Ramschware. Gerade noch 1 Euro – und die wenigstens greifen zu. Antiquariate schließen. Auf den Flohmarkt kommen Bücher von Menschen, die ihre Wohnung aufräumen, Kinderbücher loswerden wollen, nachdem die Kinder aus dem Haus sind – oder Wohnungen der Eltern auflösen müssen. Es ist ein Überangebot, und wer will noch lesen im Zeitalter von Streamingdiensten?
Und doch gibt es einen guten Grund, sich heute mit den Büchern von gestern einzudecken. Nicht nur der Preis ist entscheidend, denn neue Bücher kosten in der Regel meist über und seltener unter 20 Euro. Es gibt einen neuen Grund – Flohmarktbücher sind noch echt. Sie sind noch so geschrieben, wie die Verfasser wollten.
Neuerdings werden unsere Bücher nachträglich umgeschrieben, damit sie besser in die neue rotgrüne Ideologie passen. Eine geheimnisvolle Herrscherklasse in den Verlagen will bestimmen, was wir noch lesen dürfen. Und jeden Tag und jede Woche trifft es Bücher, die rückblickend verfälscht werden. Etwa von Astrid Lindgren mit ihrer Pippi Langstrumpf. Lindgren gehört mit einer Gesamtauflage von etwa 165 Millionen Büchern zu den bekanntesten Kinder- und Jugendbuchautoren der Welt. Ihre Werke sind in 106 Sprachen erschienen, damit gehört sie auch zu den meistübersetzten Autoren. Wieviele Kinder sind mit der frechen Pippi Langstrumpf groß geworden? Vielleicht eine halbe Milliarde, ungefähr so viele wie es Bürger in der EU gibt. Und doch passt das nicht mehr in die Regale der heutigen Buchhandlungen.
Da ist nämlich vom „N-Häuptling“ die Rede. N, sie wissen schon, darf nicht mehr gesagt werden. Dabei war es so ein netter, sympathischer Kerl, kein Menschenfresser oder Primitivling. Auch den Büchern von Karl May geht es so. Auch Winnetou war ein edler Mensch, den weißen Eroberern Amerikas weit überlegen in Anstand und Würde. Aber er passt nicht mehr in die Landschaft, wie die Bücher von Roald Dahl.
Neuerdings sind auch Hanni und Nanni dran von Enid Blyton. Ihre Bücher werden nur noch um den Preis von pädagogischer Belehrung verbreitet. Das gleiche gilt übrigens auch für Filme und Videos. Schlagen Sie zu, wenn Sie „Vom Winde verweht“ oder „Doktor Schiwago“ sehen. Netflix drückt nur auf den Knopf und Ihr ganz persönlicher Lieblingsfilm ist entstellt. Deshalb mein Tipp: Verteidigen Sie unsere Kultur vor der Zensur. Es kostet nur 1 Euro.
Text: Roland Tichy