Darf’s noch etwas mehr Arbeit sein? Wenn es nach der ehemaligen Bundesfamilienministerin Kristina Schröder ginge, würden alle zukünftigen Rentner direkt bei Antritt ihres wohlverdienten Ruhestands zu einem sozialen Pflichtjahr verdonnert werden.
Ihr Vorschlag lautet: Dienst an der Gesellschaft auch im hohen Alter. Die Idee dahinter ist nicht neu, hatte aber spätestens seit der Abschaffung der Wehrpflicht vor allem junge Leute im Blick. Doch die CDU-Politikerin drehte jüngst den Spieß der Generationengerechtigkeit in einer „Welt“-Kolumne einfach um und sorgte so für reichlich Wirbel und Gegenstimmen.
Rentenalter im Wandel der Zeit
Auch die Diskussion um eine mögliche Erhöhung des Renteneintrittsalters brachte zuletzt etliche Schlagzeilen hervor. Derzeit liegt das Renteneintrittsalter ohne Abschläge – in der Regel bei Jahrgängen vor 1964 – bei knapp über 64 Jahren. Die zentrale Frage lautet: Sollte in einer alternden Gesellschaft wie in Deutschland das Renteneintrittsalter erhöht werden, um die Rentensysteme langfristig zu stabilisieren – oder beraubt man Menschen, die 40 oder mehr Jahre hart gearbeitet haben, damit um ihren Ruhestand? Anders gefragt: Ist die Rente mit 67 eine Notwendigkeit oder eine Zumutung? Darum wird nicht nur in Deutschland heftig gestritten.
Ein Blick zurück: Das Renteneintrittsalter wurde in Deutschland erstmals 1889 durch Otto von Bismarck bei 70 Jahren festgelegt. Dieses Alter sorgte dafür, dass die Rente aufgrund der damaligen Lebenserwartung fast nie ausbezahlt werden musste. 1916 wurde das Renteneintrittsalter auf 65 Jahre gesenkt, ein Wert, der für Jahrzehnte Bestand hatte. Seit den 2000ern gibt es eine schrittweise Anhebung des Rentenalters, sodass es für die Jahrgänge ab 1964 bei nunmehr 67 Jahren liegt.
Für und Wider
Befürworter eines höheren Entrittsalters argumentieren, dass dies zur Finanzierbarkeit des Rentensystems nötig ist. Angesichts steigender Lebenserwartung und sinkender Geburtenraten müsse die Dauer des Erwerbslebens verlängert werden. Zudem könne ein längeres Arbeitsleben die Altersarmut verringern, da man mehr Zeit habe, um sich eine solide Rente zu erarbeiten.
Allerdings bringt eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auch Herausforderungen mit sich. Viele Menschen sind aufgrund hoher Belastungen nicht in der Lage, länger zu arbeiten. Besonders in Berufen mit hoher körperlicher Beanspruchung kann ein späterer Renteneintritt gesundheitliche Probleme verschärfen.
Vergleich der Systeme
In vielen europäischen Ländern wie Österreich und Italien liegt das Mindestalter für eine abschlagsfreie Rente bei derzeit 62 Jahren, wird allerdings auch dort absehbar erhöht. In Skandinavien hingegen ist das Rentenalter flexibler gestaltet, und die Menschen können oft selbst entscheiden, wann sie in Rente gehen, wobei sie Anreize erhalten, länger zu arbeiten.
Als Frankreichs Präsident Macron Anfang 2023 eine umstrittene Rentenreform und die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre angekündigte, kam es landesweit zu Streiks und Unruhen. Millionen Menschen gingen auf die Straße, am Rathaus von Bordeaux brach ein Feuer aus, und vielerorts kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen. Vor solchen Zuständen dürften sich deutsche Politiker angesichts möglicher Rentenreformen kaum fürchten, wohl aber vor der Missgunst der Wählerinnern und Wähler. Denn die werden im Zuge des demografischen Wandels im Land immer älter – und somit betroffen von längerer Arbeit auch im hohen Alter.
Ihre Meinung
Was denken Sie? Ist ein höheres Renteneintrittsalter Notwendigkeit oder Zumutung? Wie ist Ihre eigene Situation in Sachen Altersvorsorge? Schreiben Sie uns per E-Mail an redaktion@berliner-abendblatt.de – dann treiben wir das Thema voran!