Karl Marx (li.) und Friedrich Engels blicken bald auf einen mit Bürgerbeteiligung frisch gestalteten Park. Bild: IMAGO / Hohlfeld
Karl Marx (li.) und Friedrich Engels blicken bald auf einen mit Bürgerbeteiligung frisch gestalteten Park. Bild: IMAGO / Hohlfeld

UMGESTALTUNG Ein Gespenst geht um in Berlin: Mit dem Marx-Engels-Forum entsteht ein zentraler Ort in Berlins Mitte neu, unter reger Beteiligung der Bürger

Der Heilige Geist hat diese Stadt schon vor langer Zeit verlassen. Nach dem Krieg lag dieses Viertel von Alt-­Berlin, gelegen zwischen der Marienkirche und der Spree, in Trümmern. In den 70er Jahren wurden, noch auf ­Geheiß von Walter Ulbricht, alle Überreste der Bauwerke entfernt. Der Architekt Hermann Henselmann plante an ­dieser Stelle ein Regierungshochhaus im Stil des Moskauer Palast der Sowjets und des Warschauer Kulturpalastes.


Doch Finanzierungsprobleme verhinderten den Bau und das Marx-Engels-Forum ­entstand, ein Park mit verschiedenen Kunstwerken sozialistischer ­Staatskünstler, im Mittelpunkt eine überlebensgroße Bronze­plastik, die Karl Marx (sitzend) und Friedrich Engels (stehend) darstellte. Die immer spöttischen Ost-Berliner nannten den staatstragenden Trumm höhnisch „Sakko und Jacketi“.

Nach der Wiedervereinigung wurde der Park zum Gegenstand von Debatten über die Neugestaltung der Stadtmitte. Nostalgiker wollten sogar das Heilige-Geist-Viertel, ähnlich wie das benachbarte, historisierende Nikolaiviertel, wieder errichten. Doch von Anfang an bezog man in die Diskussion über das Marx-Engels-Forum Bürger der DDR mit ein, die darauf bestanden, dass Orte ihrer Erinnerung sichtbar bleiben ­sollten. Und die verantwortlichen Stadtplaner waren klug genug, auf die Wünsche der Berliner zu hören. Trotzdem gab es eine lange und durchaus niveauvolle Debatte, mit deren Ergebnis wohl jeder zufrieden sein kann.

Die entscheidende Phase hat begonnen

Seit März wurden die Bauarbeiten auf dem sieben Hektar großen Gelände intensiviert, im Frühsommer trat man jetzt in die entscheidende Phase ein. „Berlin bekommt einen lebendigen grünen Freiraum im Herzen der Stadt“, jubelte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner. Christoph Schmidt, Geschäftsführer der landeseignen Grün Berlin GmbH prognostiziert ein „zukunftsweisendes Projekt“. Darüberhinaus kann man spannende Ergebnisse erwarten, was der um 1,5 Meter aufgeschüttete Boden des Forums archäologisch so hergibt.

Neuer alter Stadtpark

Stattliche 34 Millionen Euro nimmt der ­Senat in die Hand, um zunächst unter dem Park eine Versickerungsfläche für Regenwasser anzulegen und das Spreeufer zu einer barrierefreien Fläche umzugestalten, ein Treffpunkt für Berliner und Berlin­touristen, voller Sport- und Freizeitangeboten. Umgeben wird der neue alte Stadtpark von neu gepflanzten Bäumen, die die Klimaresilienz stärken sollen.

Das heißt natürlich nicht, dass uns in der Mitte der Stadt ein grünes Wunder präsentiert wird. Ungeklärt ist weiterhin, was aus der lauten und verkehrsreichen, sechs­spurigen Spandauer Straße wird, die das Marx-Engels-Forum vom Roten Rathaus und der St. Marienkirche trennt. Bleibt sie eine Hauptverkehrsstraße? Und wie wird die Zukunft für das ehemalige Marienviertel aussehen? Bleibt etwa der Neptunbrunnen vor dem Rathaus?

Wenn das Ergebniss zu dieser Diskussion ähnlich den Bürgerwillen aufnimmt, wie im Fall des Marx-Engels-Forums, dann darf der Streit auch ruhig wieder zwölf Jahre ­dauern.

Text: Lutz Göllner