zuhause tabor 3

Die Bewohner des Hauses in der Taborstraße 3 wollen ihr Zuhause mit einer Petition vor dem Verkauf retten.

Die Bewohner eines Wohnhauses im Wrangelkiez kämpfen um ihr Zuhause. Denn die Menschen, die in der Tabor-straße 3 wohnen, stehen vor einer ungewissen Zukunft. Ihr Wohnhaus soll nämlich an die SG Holding GmbH aus Braunschweig verkauft werden. Die Nachricht kam – von jetzt auf gleich – vor wenigen Wochen per Post.

Die Hoffnung auf gemeinwohlorientierten Käufer

Dabei glaubten die Bewohner, solch eine Situation niemals erleben zu müssen. So auch Nicole Kieslich (51) und ihre Tochter Irmina (9), die mit ihrem Hund Paul in der Taborstraße leben. Die alleinerziehende Mutter hat nun eine Petition gestartet und sammelt Unterschriften. Darin fordern die Bewohner das Bezirksamt auf, die Hausgemeinschaft zu retten. Das geht, weil das Bezirksamt sein Vorverkaufsrecht geltend machen kann. Da das Haus im Milieuschutzgebiet liegt, hat das Amt die Möglichkeit, innerhalb von zwei Monaten einen gemeinwohlorientierten Käufer für das Objekt zu finden und die Veräußerung an die SG Holding zu verhindern.

Um das Bezirksamt und potenzielle Käufer sowie Unterstützer zu überzeugen, erzählt Nicole ihre Geschichte: „Ich will und kann hier nicht weg! Ich bin Schulhelferin und begleite Kinder mit Erkrankungen, damit diese am normalen Schulalltag teilnehmen können“, sagt sie. Sie arbeitet an zwei Schulen in der Nähe der Wohnung. „Ich betreue Kinder, die sich an mich gewöhnt haben und denen es durch meine Hilfe leichter fällt, die Schule zu besuchen.“
Verschiedene Generationen.

Seit vielen Jahren im Haus

Als alleinerziehende, berufstätige Mutter habe sie jetzt schon kaum Geld zum Leben. Noch mehr Miete könne sie nicht zahlen. So geht es ihr wie dem Rest der Hausgemeinschaft. Diese sei „multikulti“ und das Haus biete den Bewohnern unterschiedlichster Generationen, Herkunft, Professionen und Lebensgestaltungen ein Zuhause. „Wir sind alle langjährige Mieter. Ein Urgestein wohnt schon seit 40 Jahren im Haus. Hier wohnen Rentner, Familien und viele Kinder. Eines davon wurde sogar hier im Haus geboren“, erzählt die Frau. Sie alle habe die Nachricht vom Verkauf eiskalt erwischt. „Wir hatten keine Ahnung und haben auch nicht damit gerechnet“.

Kiez für Investoren interessant

Mit der Petition möchte die Hausgemeinschaft nicht nur die eigenen vier Wände retten, sondern auch ein Zeichen gegen den Ausverkauf der Kieze setzen. Denn bezahlbarer Wohnraum ist knapp. „Den gibt es hier im Wrangelkiez kaum noch. Die Anhäufung von Restaurants, Cafés und Hostels machen unseren Kiez zur Touristenattraktion. Die drohende Nachbarschaft durch den Zalando Headquarter macht den Kiez für Investoren nicht uninteressanter – ganz im Gegenteil!“, sind die Bewohner überzeugt. Die Hoffnung auf Hilfe durch das Bezirksamt, Unterschriften und potenzielle Käufer ist also groß. An landeseigene Wohngesellschaften richten sie deshalb auch eine Forderung: „Kommen Sie Ihrem 2016 gesetzlich verankerten Auftrag, dem Berliner Wohnungsraumversorgungsgesetz, nach. Schaffen und erhalten Sie bezahlbaren Wohnraum für die breite Bevölkerung!“ Wer die Petition mit seiner Unterschrift unterstützen möchte, kann dies mit dieser Petition tun.

Datum: 22. Oktober 2020, Text: Anna von Stefenelli, Bild: Privat