Neues Urteil bestätigt Verkaufsverbot für die kleinen Shops.
Ein schmales Angebot an Wurst, Käse, Dosenmilch und anderen Lebensmitteln sowie die bunte Vielfalt bei Zigaretten, Tabak, Eis, Getränken und Spirituosen – das ist das typische Angebot eines Berliner Spätkaufladens. Rund 2.000 dieser beliebten, kleinen Shops gibt es in Berlin. Immer dann, wenn alle anderen Läden und Supermärkte in den späten Abendstunden und an Wochenenden geschlossen bleiben, sind das die umsatzstarken Stunden dieser kleinen für viele Berliner so unentbehrlichen und heiß geliebten Shops.
Der Protest gegen die Bestimmungen wächst
„Besonders an den Sonntagen machen einige der Spätis im Vergleich zu den Wochentagen mehr als den doppelten Umsatz. Diesen Geschäftstag brauchen wir, um mit unseren Geschäften überleben zu können“, sagt Alper Baba, Organisator und Sprecher des Späti e.V.
Dem Verein haben sich die Betreiber von 150 der kleinen Läden aus dem gesamten Stadtgebiet zusammengeschlossen. Doch die legale Öffnung an den Sonntagen ist nun in weite Ferne gerückt. Ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes hatte dieser Tage noch einmal das entsprechende Gesetz mit dem Ursprung aus dem Jahr 1919 bekräftigt. Ergebnis: Wenn ein Spätkauf sich in seinem Angebot allgemein und unspezifisch auf die Versorgung der näheren Umgebung ausrichtet, darf dieser an Sonntagen grundsätzlich nicht öffnen.
Anlass für dieses Urteil war die Klage einer Charlottenburger Einzelhändlerin, der das Ordnungsamt unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.500 Euro die Sonntagsöffnung untersagt hatte, wenn ihr Sortiment über den touristischen Bedarf hinausreiche. Deses Verkaufsverbot an Sonntagen kennen viele Späti-Betreiber auch in Treptow-Köpenick. Einzige Ausnahmen gelten für „Verkaufsstellen, die für den Bedarf von Touristen“ aufkommen. Diese dürfen dann an Sonntagen von 13 Uhr bis Mitternacht geöffnet bleiben. Auch Geschäfte, die Blumen, Zeitungen, Backwaren und Milcherzeugnisse anbieten, können diese Waren von sieben bis 16 Uhr an den Sonntagen anbieten.
Ein Stück Berliner Kultur
Eine Regelung, die neben vielen Berlinern vor allem die Späti-Betreiber selbst nicht nachvollziehen können. „Spätis gehören doch zu Berlin wie die BVG, der Checkpoint Charlie und das Brandenburger Tor“, sagt Baba, der selbst seit 15 Jahren einen Shop in der Neuköllner Karl-Marx Straße betreibt und die ungleichen Regelungen in den verschiedenen deutschen Bundesländern kritisiert.
„An der Ostsee dürfen Läden während der Saisonzeiten grundsätzlich auch an den Sonntagen öffnen. Hier in Berlin haben wir doch ein einziges, riesiges Touristengebiet das ganze Jahr über“, lautet sein Vergleich. Nils Busch-Petersen vom deutschen Handelsverband wagt den noch größeren Blick. Kein Land in Europa – außer der Schweiz – habe ein solches Ladenschlussgesetz. Er fordert eine grundsätzliche Gleichberechtigung aller Kaufleute. „Wir befinden uns hier doch im Wettbewerb mit London und Paris und nicht mit Herne und Wuppertal“, stellt er fest.
Wie viel Spätis es tatsächlich in Berlin gibt, können die bezirklichen Ordnungsämter oftmals gar nicht beziffern. „Spätis“ werden prinzipiell in den Statistiken nicht gesondert registriert. Grundsätzlich sehen viele der befragten Lokalpolitiker die Problemlösung zur Sonntagsöffnung in der Gestzgebung beim Bund oder dem Senat. „Die Politik sollte sich nochmals intensiv mit dem Ladenschlussim Bundesgesetz befassen und zumindest in großstädtischen Räumen eine entsprechende Änderung herbeiführen“, sagt zum Beispiel Treptow-Köpenicks Bezirkkssatdtrat für Ordnungsantsaufgaben, Rainer Hölmer (SPD).
Datum: 12. Juli 2019, Text: Stefan Bartylla, Bild: imago/Winfried Rothermel