Das Programm Stadtumbau soll das Quartier in Flughafennähe lebenswerter machen.
Berlin ist reich an Orten, die einen „Platz“ im Namen tragen, den damit verbundenen Anspruch eines erlebbaren Zentrums aber kaum erfüllen. Einer dieser Orte liegt unweit des Flughafens Tegel. „Der Kurt-Schumacher-Platz ist einer der hässlichsten Plätze, die ich kenne“, sagt Angela Budweg, die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung. „Er wird sehr dominiert vom Individualverkehr, städtebaulich ist er unstrukturiert, heterogen und wird räumlich nicht gefasst. Dadurch geht jegliche Aufenthaltsqualität verloren. Da helfen auch die begrünten Spaliere nichts, die so etwas wie Raumkanten simulieren sollen.“
Neue Verbindungen
All die Mängel, die Budweg und Vertreter anderer Fraktionen kritisieren und die mitunter auch mit der Nähe zum Flughafen Tegel zu tun haben, sollen in naher Zukunft ausgeräumt sein, glaubt man Senat und Bezirksamt. Einzig die FDP, so ergibt eine Umfrage, hält Änderungen für „marginal“, schließlich fordert sie, den Airport offenzuhalten. Diese Woche beschloss der Senat, in der Gegend rund um den Flughafen Tegel das Programm Stadtumbau einzusetzen.
Die Mittel sollen unter anderem dazu beitragen, die soziale Infrastruktur und den öffentlichen Raum in den angrenzenden Bestandsquartieren auszubauen. Im östlichen Umfeld des Airports sollen neue Wegeverbindungen geschaffen, Plätze umgestaltet und städtische Räume neu geordnet werden. Eingänge und Platzbereiche sollen entsprechend ihrer neuen Bedeutung umgestaltet werden. „Sowohl die neuen als auch die alten Bewohner sollen von der Entwicklung profitieren“, so der Senat. Der Bedarf für Veränderungen, das macht nicht nur Budweg deutlich, ist riesig. Für die Flächen im Bezirk werden Kosten in Höhe von rund 103 Millionen Euro erwartet. 73,7 Millionen Euro sollen aus dem Bund-Länder-Programm Stadtumbau fließen. Ein Integriertes Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) hat das Bezirksamt bereits beschlossen. Bis der Stadtumbau am Kurt-Schumacher-Platz startet, werden voraussichtlich noch Jahre vergehen.
Veralteter Standard
Unter Bezirkspolitikern kursieren viele Ideen, was bevorzugt angepackt werden sollte. Ulf Wilhelm, der Vorsitzende des Stadtplanungsausschusses, hält „eine Neuordnung der Anordnung der Gebäudekörper auf der Nordwestseite für zwingend“. Sie soll mit städtebaulichen Studien und Wettbewerben eingeleitet werden. „Es fehlen sinnvolle Möglichkeiten zum Verweilen. Die Infrastruktur ist insbesondere für Radfahrer und Fußgänger auszubauen“, so der SPD-Politiker. Die Radwege der Scharnweberstraße würden nicht dem heutigen Standard entsprechen. Zudem müsse vom Flughafengelände über den Kurt-Schumacher-Platz nach Mitte eine Durchwegung geschaffen werden.
Andreas Rietz, Fraktionsvize der Grünen, hofft auf positive Effekte durch ein „wohnlicheres“ Gebiet rund um den „Kutschi“: „Derzeit wird der Kurt-Schumacher-Platz hauptsächlich durch gewerbliche Nutzungen geprägt. Mit der Einstellung des Flugbetriebs kann es im Umfeld auch wieder eine verstärkte Wohnnutzung geben. Gleichzeitig ist eine Neuordnung des Verkehrs notwendig.“
Datum: 22. Februar 2019. Text: Nils Michaelis. Bild: imago/Jürgen Ritter