Abschleppen in Berlin
Zu wenig Personal im Ordnungsamt zum Abschleppen

Die Allgemeinen Ordnungsdienste werden zwar aufgestockt, doch ob das reicht, ist zweifelhaft.

Falschparker sind für viele andere Verkehrsteilnehmer nicht nur ein Ärgernis, sie sind mitunter lebensgefährlich. Trotzdem drängt sich das Gefühl auf, niemand würde sie je abschleppen. Die Gründe dafür sind vielfältig, doch das Hauptproblem bleibt: Es fehlt schlicht das Personal in den Ordnungsämtern, um der Lage Herr werden zu können.

In den Bezirken sind oft noch weniger Einsatzkräfte unterwegs, als Stellen im Plan stehen. Erkrankungen, Urlaub und unbesetzte Stellen reduzieren die Stärke der Truppe spürbar. Berlinweit arbeiten mit Stand Ende Juni 2018 insgesamt 421 Kräfte im Allgemeinen Ordnungsdienst. Das geht aus der Antwort der Senatsverwaltung für Inneres und Sport an den Abgeordneten Tobias Schulze (Die Linke) hervor. Zwar ist vorgesehen, den Ordnungsdienst um 102 Vollzeitstellen aufzustocken, doch sind diese laut Senatsverwaltung noch nicht vergeben, die Besetzungsverfahren laufen noch. Bis die neuen Leute auch einsetzbar sind, müssen sie noch eine mehr als dreimonatige Grundqualifizierung durchlaufen.

Wenig Leute, viele Aufgaben

Inwieweit sich das aber auf die Kontrolle von Falschparken und das Abschleppen von Autos auswirkt, bleibt abzuwarten, denn eigentlich ist Anlass für die Aufstockung des Ordnungsdiensts die Bekämpfung von illegaler Sperrmüllablagerung und -entsorgung gewesen, denn auch dafür – und vieles andere – ist der Allgemeine Ordnungsdienst zuständig.

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So viel Personal gibt es in den Bezirken:

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Charlottenburg-Wilmersdorf

Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sind 51 der vorhandenen 58 Stellen im Allgemeinen Ordnungsdienst besetzt.  Immerhin 50 der 51 Kräfte waren laut Senat auch einsetzbar.Im Im Stellenplan vorgesehen sind jedoch 58 Vollzeit-Mitarbeiter. Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen neun an den Bezirk gehen.

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Friedrichshain-Kreuzberg

Der Bezirk mit der kleinsten Fläche hat gerade einmal 20 Vollzeitkräfte täglich im Einsatz. Es sollten laut Stellenplan allerdings 31 sein. Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen elf an den Bezirk gehen.

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Lichtenberg

Laut Stellenplan sollte es 35 Vollzeit-Mitarbeiter im Allgemeinen Ordnungsdienst geben. Laut Senats-Liste sind jedoch nur 33 Stellen besetzt. Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen sechs an den Bezirk gehen.

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Marzahn-Hellersdorf

Hier sind gerade einmal 29 Personen tatsächlich im Allgemeinen Ordnungsdienst im Einsatz. Laut Stellenplan sollten es 30 sein. Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen fünf an den Bezirk gehen.

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Mitte

Auffällig: Der Bezirk hat 58 Vollzeitstellen für den Allgemeinen Ordnungsdienst – nur Charlottenburg-Wilmersdorf hat noch so viele. Besetzt sind laut Senat aber nur 39 Stellen, tatsächlich einsetzbar nur 24. Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen zwölf an den Bezirk gehen.

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Neukölln

Trotz aller Unkenrufe: Im Vergleich ist Neukölln mit 49 vorgesehenen Stellen relativ gut ausgestattet, 47 der Stellen sind auch besetzt. Einsetzbar sind laut Senat aber nur 45,10 Vollzeitstellen. Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen elf an den Bezirk gehen.

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Pankow

Für diesen Bezirk gibt es keine Angabe über die insgesamt vorhandenen Stellen. Besetzt sind aber 35 davon. Auch hier gibt es durch Krankheiten, Urlaube und andere Umstände nur 24 Vollzeitstellen im tatsächlichen Einsatz. Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen neun an den Bezirk gehen.

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Reinickendorf

Mit 35 besetzten Stellen liegt der Bezirk irgendwo im Mittelfeld des Berlin-Vergleichs. Allerdings sind auch hier nicht alle tatsächlich einsetzbar, sondern nur 24 davon. Wieviele es laut Stellenplan geben sollte, ist nicht angegeben. Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen acht an den Bezirk gehen.

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Spandau

Immerhin 38,25 Stellen sind für den Allgemeinen Ordnungsdienst des Bezirs vorgesehen. Allerdings sind auch hier nicht alle besetzt, sondern 34,75 davon.Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen sechs an den Bezirk gehen.

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Steglitz-Zehlendorf

Wieviele Kräfte der Allgemeine Ordnungsdienst hier im Einsatz hat, darüber hat der Senat keine Daten. Bekannt ist: Dort gibt es 35 Stellen für diese Aufgabe, von denen 29 besetzt sind. Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen acht an den Bezirk gehen.

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Tempelhof-Schöneberg

Unrühmliches Schlusslicht: Für den Bezirk sind laut Senat 29,25 Vollzeitstellen vorgesehen – weniger als in jedem anderen Bezirk. 25,75 Stellen sind besetzt, 24 tatsächlich im Einsatz.Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen neun an den Bezirk gehen.

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Treptow-Köpenick

Gegenüber dem Senat gab der Bezirk an: Von den 30 Vollzeitstellen für den Allgemeinen Ordnungsdienst sind auch alle 30 besetzt- Wieviele tatsächlich einsetzbar sind, dazu gab es keine Angaben. Von den berlinweit 102 neuen Stellen sollen acht an den Bezirk gehen.

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Kampf gegen Windmühlen

Bedenkt man, dass Berlins Straßennetz knapp 5.500 Kilometer lang ist, wird deutlich, dass der Kampf gegen Falschparker, insbesondere das Abschleppen, ein Kampf gegen Windmühlen bleibt. Dabei ist es keineswegs so, dass überhaupt nicht abgeschleppt würde. Die Zahlen der Senatsverwaltung für Inneres zeigen: Berlinweit wurden im Jahr 2017 genau 49.589 falsch geparkte Fahrzeuge „umgesetzt“. 2.118 Mal war damit begonnen worden, jedoch abgebrochen, weil der Halter rechtzeitig erschien. 7.048 Leerfahrten zählt die Statistik darüber hinaus. Macht insgesamt 58.755 Abschlepp-Einsätze im Jahr. Die meisten davon hat die Polizei eingeleitet, in knapp 19.000 Fällen die Ordnungsämter, in etwas mehr als 7.000 Fällen die BVG. Das klingt nach viel, doch angesichts des enormen Straßennetzes der Hauptstadt und mehr als einer Million hier zugelassener Fahrzeuge fällt vielen kaum auf, wie häufig die Behörden wirklich abschleppen.

Hauptgrund fürs Abschleppen: Busspur zugeparkt

Einer der häufigsten Gründe für das Abschleppen war übrigens Parken auf einer Busspur (8.539 Mal). Zum Vergleich: Wegen Parkens auf Radfahrstreifen wurden 888 Autos „umgesetzt“, wegen des Parkens im Bereich von Kreuzungen etwa 2.000. Ein weiterer Grund dafür, dass die Ordnungsdienste und die Polizei nicht häufiger abschleppen: Das reine Parken im Halteverbot reicht nicht. Es muss immer auch eine Gefährdung der Sicherheit oder erhebliche Verkehrsbehinderung vorliegen und die Umsetzung muss verhältnismäßig sein. Ob das so ist, wird im Einzelfall abgewogen.

Autofahrer sollen für Gefahrenpotenzial sensibilisiert werden

Ein Kurswechsel ist in diesem Bereich laut der Antwort auf die Anfrage von Tobias Schulze nicht in Sicht. Stattdessen, so die Senatsverwaltung für Inneres, würden die Ordnungsämter darauf setzen, in Kooperation mit der Polizei Schwerpunktkontrollen durchzuführen, wie zuletzt im Frühjahr 2018. So sollen Autofahrer auf die Gefahren, die vom Falschparken ausgehen können, aufmerksam gemacht werden.

Laut der Senatsantwort auf die schriftliche Anfrage sind übrigens die Mitarbeiter der Parkraumüberwachung nicht berechtigt, das Abschleppen von Falschparkern eigenständig einzuleiten. Diese dürfen zwar Verwarnungsgelder verhängen, müssen aber, wenn sie auf ein verkehrsgefährdendes Verhalten stoßen, den allgemeinen Ordnungsdienst oder die Polizei einschalten, die dann über die Umsetzung eines Autos entscheiden.

3.8.2018, Text: Oliver Schlappat, Bild: Stefan Bartylla