„Gala Global“ beschäftigt sich mit der Suche nach der Weltbürgerschaft.

In Zeiten von Heimatministerium und Obergrenze, in denen über Nationalstaaten diskutiert und damit Grenzen selbstverständlich gemacht werden, feiert das Deutsche Theater (DT), Schumannstraße 13, ein besonderes Jubiläum und zeigt mit „Gala Global“, dass der Diskurs um Identität und Nation, Heimat und Vertreibung, noch lange nicht entschieden ist. Vor 70 Jahren gab der US-amerikanische Friedensaktivist Gary Davis seinen Pass ab und wurde zum Weltbürger Nummer 1.

Der Anlass

Das Performancekollektiv Turbo Pascal nahm dieses Jubiläum zum Anlass, ein halbes Jahr in den Straßen Berlins, von Köpenick bis Wannsee, vom Flughafen Tegel bis zum Leopoldplatz, nach Menschen zu suchen, die sich als Weltbürger verstehen. Die Multikulturalität der Stadt: Berlin als Wunschheimat, als Fluchtpunkt oder als Geburtsort, verleihen der Inszenierung „Gala Global“, die noch bis zum 28. Mai auf dem Vorplatz des DT zu sehen ist, eine ganz eigene Färbung. Gemeinsam mit 19 Berlinern aus aller Welt zeigt Turbo Pascal, Gedanken und Gefühle für und gegen die Weltbürgerschaft, persönliche Sorgen und kollektiven Tatendrang. Gemeinsam mit dem Publikum, das dabei auch immer interaktiv mitwirkt und mehr Teil der Inszenierung, als Zuschauer ist, wird ambivalent diskutiert. Weltbürgerschaft: Utopie oder Zukunft?

Demokratie-Gesichter

Die 19 Mitwirkenden, die in Limousine und mit individueller Musik auf den Theatervorplatz gefahren werden, könnten unterschiedlicher nicht sein. Neben jungen Frauen in Cocktailkleidern steigen Rocker aus dem Auto, Rentner, Kinder, Hipster. Musik und Mode, Herkunft und Kultur sind bunt gemischt, ein Gefühl von Verbundenheit und Gemeinschaft liegt in der Luft. Demagogen und Autokraten, Krieg und Fremdenhass sind für einen Moment vergessen. „Ein Weltbürger müsste die ganze Welt sehr gut kennen, und ich kenne sie nicht“, sagt ein Mann, der ein Schild mit der Nummer 24 vor der Brust hält. „Weltbürgerschaft ist ein Angebot für Jeden“, sagt Nummer 68. „Es hat jeder verdient, Weltbürger zu sein.“

Die Mitwirkenden tragen Nummern, weil sie allgemein vertretene Standpunkte, Ängste und Sehnsüchte repräsentieren. Sie sind Identifikationsmöglichkeit und Diskurs gleichermaßen. Es wird über ein Weltparlament geredet und über globale Demokratie. Über universelle Menschenrechte, künstliche Intelligenz, Macht und Missbrauch. Eingeübte Inszenierung und spontanes Miteinander verschwimmen in einer Diskussionswelle, die niemanden überzeugen, aber jeden zum Nachdenken anregen möchte. „Natürlich gibt es eine große Sehnsucht nach gleichen Rechten für alle Menschen. Vielleicht ist das naiv, auch wir enden in Ratlosigkeit“, sagt Angela Loers vom Performancekollektiv. Umso wichtiger sei es, dass der Diskurs nicht stagniere, sondern weitergetragen würde. „Die Strukturen sind festgefahren. Deshalb brauchen wir irgendeine Art von globaler Vision.“

Tickets erhältlich

Die Frage nach der Zukunft der Weltbürgerschaft wird bei „Gala Global“ nicht beantwortet. Viel mehr hat jeder Zuschauer die Möglichkeit, sich in einem öffentlichen Verhandlungsraum auf eine kollektive Reise zu begeben, Strukturen zu überdenken und eine eigene Meinung auszubilden. Restkarten sind noch für alle Termine online oder vor Ort zu erwerben und kosten regulär acht Euro, ermäßigt sechs Euro.

Datum: 25. Mai 2018, Text und Bild: Christina Lopinski