Kältehilfe zieht Bilanz und verlängert zwei Unterkünfte bis April.
Jedes Jahr Ende März endet die Kältehilfe der Berliner Stadtmission. Die traurige Bilanz in diesem Winter: Noch nie gab es so viele Hilfsbedürftige. Gleichzeitig erreichte auch die Zahl der angebotenen Schlafplätze einen Rekordstand. Dennoch gab die Berliner Stadtmission an, sie habe in den letzten Monaten eine weitere Verelendung ihrer Gäste wahrgenommen. Grund dafür waren auch die vielen Räumungen von Obdachlosencamps in der Innenstadt und im Tiergarten.
Dadurch waren viele Wohnungslose in einem permanenten Ausnahmezustand, heißt es von der Stadtmission. „Sie waren fast täglich auf der Suche nach einem neuen Platz, wo sie ihr ärmliches Lager aufschlagen konnten. Häufiger Platzwechsel ließ manche sogar den Sprechstunden der Ambulanz der Berliner Stadtmission in der Nähe vom Hauptbahnhof fern bleiben.“ Auffällig sei auch die hohe Zahl an physisch und psychisch kranken Obdachlosen sowie der obdachlosen Rollstuhlfahrer, die einer besonderen Pflege und Zuwendung bedürfen. Traurige Höhepunkte waren die beiden Todesfälle an der Frankfurter Allee und am Hackeschen Markt. Obdachlose Menschen hätten generell eine 25 bis 30 Jahre kürzere Lebenserwartung als Menschen mit festem Wohnsitz.
Kältebus unterwegs
Die Berliner Stadtmission hat erneut in erheblichem Maß dazu beigetragen, im Winter 2017/18 obdachlose Menschen zu versorgen und über die kalte Jahreszeit zu bringen. Das Team widmete sich intensiv den Menschen, die Hilfe nicht annehmen können. Kein Einziger sollte sich „aufgegeben“ fühlen. Alleine in der Notübernachtung in der Lehrter Straße sind im gesamten Winter rund 3.500 Menschen aus 91 Nationen untergekommen.
Der Durchschnitt liegt im Winterhalbjahr 2017/18 bei 140 bis 160 Gästen pro Nacht. In den insgesamt drei Notübernachtungen und im Nachtcafé der Berliner Stadtmission wurden 45.460 Übernachtungen von Obdachlosen in Anspruch genommen (Stand 28. März 2018). Dank vieler Spenden und des frischen Gemüses von der Berliner Tafel wurden täglich 650 warme Mahlzeiten frisch zubereitet und verteilt, die Hälfte davon vegetarisch. Und auch der Kältebus war im Winter wieder im Einsatz. In den besonders kalten Nächten im Februar wurde der Fuhrpark auf vier Kältebusse aufgestockt. „Wir sind nicht nur für die Transporte da, sondern viel mehr Ansprechpartner und Vertrauensperson für obdachlose Menschen. Das ganze Leid, das wir erfahren, müssen wir annehmen, aber auch gut abgrenzen, ohne zu verzweifeln. Nächstenliebe steht hier ganz weit oben“, so Lars Nitz vom Kältebus-Team.
Positive Nachrichten
Aber auch etwas Positives konnte die Berliner Stadtmission vermelden. Das Kältebus-Telefon, das jeder Berliner, der einen Obdachlosen in Not helfen wollte, wählen konnte, stand nicht still. „Ein besonderer Dank geht deswegen an das Verantwortungsbewusstsein und Mitgefühl der Berliner. Sie haben hin- und nicht weggeschaut, das macht Berlin einzigartig – in der Not wie in der Hilfe“, bilanziert die Stadtmission.
Bis Ende April sollen die Kälte-Notübernachtung in Reinickendorf mit 52 Plätzen und die Traglufthalle HalleLuja an der Frankfurter Allee mit 120 Plätzen geöffnet bleiben. Die insgesamt 172 Plätze hält die Berliner Stadtmission bereit, um bei den anhaltend kalten Nachttemperaturen obdachlosen Menschen eine warme und sichere Unterkunft zu ermöglichen. Die Berliner Stadtmission unterstützt damit im Verbund der Diakonie die vom Senat anvisierten 500 Plätze, die bis Ende April angeboten werden sollen.
Text: Katja Reichgardt, Bild: imago/Future Image