Aktionsprogramm soll Situation der Berliner Hebammen verbessern.
In Mitte kommen statistisch gesehen auf 1.000 Einwohner rund elf Neugeborene. Tendenz steigend. Nur im Nachbarbezirk Friedrichshain-Kreuzberg werden mit zwölf Kindern noch mehr Kinder geboren. Wer vor und nach der Geburt auf die Unterstützung einer Hebamme setzen möchte, muss früh anfangen zu suchen. Denn auch, wenn die Zahl der aktiven Hebammen in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gestiegen ist, kann sie doch nicht mit den gleichzeitig steigenden Geburtenzahlen mithalten. Besorgt über diesen Betreuungsengpass zeigten sich auch die Politiker im Abgeordnetenhaus, die die Zahlen einer aktuellen statistischen Auswertung zur Situation der Hebammen vorstellten.
Weiterer Rückgang
So sei die Zahl der beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) gemeldeten freiberuflich tätigen Hebammen seit 2007 zwar gestiegen. Vor zehn Jahren waren berlinweit noch 706 Hebammen registriert, 2016 waren es 1.021. Neben den freiberuflich tätigen Hebammen stehen den werdenden Eltern in den Krankenhäusern festangestellt tätige Hebammen zur Seite. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre stieg die Zahl um 23,5 Prozent auf 431 im Jahr 2016. Somit waren in dem Jahr in Berlin insgesamt 1.452 Hebammen tätig, 37,6 Prozent mehr als im Jahr 2007 (1.055). Zeitgleich sind aber so viele Kinder zur Welt gekommen wie zuletzt in den 60er-Jahren, nämlich rund 42.000. 2016 war der Geburtenüberschuss zudem der höchste seit zehn Jahren.
Große Not
Ein Rückgang lässt sich zudem in der Zahl der registrierten Hebammen ausmachen. Betrug deren Anteil 2015 noch 75,3 Prozent, waren es 2016 nur noch 67,9 Prozent. Dafür meldeten etwa 12,7 Prozent eine Aktivität als freiberufliche Hebammen. Für Schwangere bedeuten diese Zahlen, dass sie immer seltener eine Hebamme finden. Und das obwohl die Nachfrage nach Hebammenleistungen stetig steigt. Passend dazu legte der Senat auf Vorlage der Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Dilek Kolat, ein Aktionsprogramm für eine sichere und gute Geburt vor, das Besserung verspricht.
Viel Arbeit
Doch das ist vielen Politikern zu wenig. Sie kritisieren, dass es überhaupt zu Engpässen kommen konnte. Dilek Kolat verteidigte den Aktionsplan. „Wir haben in kurzer Zeit ein ganzes Bündel von Maßnahmen entwickelt und auf den Weg gebracht. Das ist nicht am grünen Tisch über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden worden, sondern gemeinsam – mit Müttern, Hebammen, Kliniken und Ausbildungsstätten. Wir haben nicht übereinander geredet, wie das in Berlin gerne üblich ist, sondern miteinander! Und wir sind sehr schnell zu greifbaren Ergebnissen gekommen“, so die Gesundheitssenatorin. Gleichzeitig warnte sie davor, es bei dem Aktionsprogramm zu belassen. „Die Arbeit beginnt erst jetzt“. Das beschlossene Programm sieht unter anderem vor, die Ausbildungsplatz-Kapazitäten in den Hebammenschulen zu erhöhen. Auch die Arbeitsbedingungen der Hebammen sollen verbessert und ausländische Hebammen anerkannt werden. Zudem sollen Kreißsäle in Berlin mit Landeszuschüssen ausgebaut werden. Gefördert werden die baulichen Erweiterungen mit rund 20 Millionen Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds (SIWANA).
Ein Runder Tisch soll die Maßnahmen und ihre Umsetzungen regelmäßig evaluieren. Die nächste Sitzung ist aktuell für Ende 2018 geplant.
Text: Katja Reichgardt, Bild: imago/epd