Bild: Katja Reichgardt

Schulneubau soll dem Verein die Außenanlage kosten.

Berlin braucht neue Schulen. Bis 2024 sollen rund 50 Neubauten in allen Berliner Bezirken entstehen. Dass die vor-anschreitende Schulbau-Offensive aber oftmals auf Kosten anderer geht, zeigt das Beispiel des Tennisclub TC Mitte (TCM) an der Melchiorstraße. Vor einigen Monaten erfuhren die Betreiber und Mitglieder aus den Medien von einer anstehenden Kündigung.

Zuvor erhielt Sport- und Bildungsstadtrat Carsten Spallek (CDU) ein entsprechendes Schreiben von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Dem Multikulti Tennisclub solle die Außenanlage gekündigt werden, um Platz für einen Schulneubau zu machen. Seitdem kämpft der Verein um seinen Erhalt – und weist auf seine Relevanz für den Kiez hin. Immerhin wurde der ehrenamtlich geführte Tennisclub im Jahr 2002 an dem sozial schwierigen Standort auf der Grenze zwischen Mitte und Kreuzberg erbaut, um die Ecke für die Anwohner lebenswerter zu machen.

Große Akzeptanz

Nach anfänglicher Skepsis ist der Verein mittlerweile ein etabliertes Anlaufziel für Tennis-Fans aus allen Bezirken und der Nachbarschaft. 190 Mitglieder, darunter 70 Kinder, trainieren hier täglich in den Innenhallen oder auf einem der Plätze der Außenanlage. Genau die soll im kommenden Jahr einer Schule weichen. Carsten Spallek sprach sich in der vergangenen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) für eine Doppelnutzung des Grundstücks aus und gab jüngst bekannt, dass die Kündigung noch einmal auf den 31. Dezember 2019 verschoben werden konnte.

Der Tennisclub um die beiden Vorsitzenden Ina Streubel und Fred Bruss geht dennoch weiter in die Offensive und will dem Abgeordentenhaus zeigen, dass der Tennisclub trotz Schulneubau bestehen kann.

„Wir haben eine Lösung für den Schulneubau bei gleichzeitiger Erhaltung des traditionellen Sportstandortes gefunden. Analysen für das Grundstück zeigen deutlich, dass es ausreichend Platz für beides gibt“, so Ina Streubel. Internationale Architekten, die seit Jahren Mitglieder im Tennisclub Mitte sind, sowie der Geschäftsführer des Tennis-Verbandes Berlin-Brandenburg waren bereits vor Ort. Erstere erstellten eine Skizze, die deutlich zeigt, dass neben der Außenanlage immer noch reichlich Platz für den Neubau einer drei- bis vierzügigen Schule vorhanden ist. „Wir wissen, wie wichtig der Schulbau für Berlin ist, aber das Grundstück ist zweifelsohne groß genug, um beides zu realisieren“, so die beiden Vorsitzenden.

Viel Unterstützung

Zumal sich auf dem Grundstück aktuell noch eine Schule befindet, die seit zehn Jahren leer steht. Damals musste sie schließen, weil die Schüler ausblieben. Eltern wichen lieber auf andere Schulen in Mitte und Kreuzberg aus. Auch, weil an diesem Standort Drogenhandel und Diebstähle immer häufiger wurden. Der Tennisclub Mitte wertet das Viertel auf, hier sind Kinder auch am Wochenende sozial betreut, nehmen an Wettkämpfen teil oder treffen sich mit ihren Freunden.

Von der Nähe zum Tennisplatz könnte auch die geplante Schule profitieren. „Die Schüler könnten hier nach der Schule noch Sport treiben. Auch andere Kursangebote, wie Paddeltennis, wären denkbar, würden uns weitere Flächen zur Verfügung stehen. Wir wählen nun den offenen Weg und wollen mit der Grundstücksskizze zeigen, was hier alles möglich wäre“, so Ina Streubel. Der TCM will weiter für seinen Erhalt kämpfen. Unterstützt wird er dabei von zahlreichen Mitgliedern, Eltern, Kindern und Anwohnern. Wer sich über das Angebot des Tennisclubs informieren möchte, findet alle Informationen online.

Text und Bilder: Katja Reichgardt