Neukölln: Immer mehr Menschen entsorgen ihren Müll illegal auf den Straßen. Kampagnen und Maßnahmen sollen helfen.

Autorreifen, Sperrmüll, Müllsäcke voller Essensreste – Neuköllns Straßen werden immer dreckiger und die Anwohnerbeschwerden häufen sich. Besonders der Neuköllner Norden und auch der Wartheplatz, die Thomasstraße und der Mittelbuschweg sind betroffen. Immer mehr Einwohner stellen ihren Haus- oder Gewerbeabfall illegal an die Straße, mit der Zuversicht, dass die Berliner Stadtreinigung (BSR) den Müll abholt. Selbst das Ordnungsamt bestätigt: „Neukölln ist wirklich verdreckt!“ Das Müllproblem muss behoben werden, findet Christina Schwarzer, Bundestagsabgeordnete der CDU. Sie wohnt selber in Neukölln und wird täglich mit dem Müll konfrontiert. „Es ist eine Kettenreaktion. Wenn einer es macht, machen es alle“, so Schwarzer. Die Menschen würden es sich bequem machen und hätten gar kein Bewusstsein mehr dafür, dass sie illegal handeln. „Für sie ist es eine kostenlose Möglichkeit, ihren Müll loszuwerden, ohne dabei eine Strafe zu bekommen“, sagt sie. Die Bewohner beschweren sich beim Ordnungsamt, diese kontaktieren die BSR, die sich darum kümmern und einige Tage später geht alles von vorne los. Laut Schwarzer sei es Aufgabe des Bezirks, den Verursachern deutlich klar zu machen, dass Müllablagerungen verboten sind. „Kampagnen der Bezirksbürgermeisterin, wie gemeinsame Aufräumaktionen, waren weniger wirkungsvoll“, behauptet sie. Es müssten Maßnahmen ergriffen werden, um Müllsünder aufzuspüren und zu bestrafen. Dabei wären hohe Bußgelder, aber auch Warnschilder, Bewegungsmelder oder letztendlich Videoüberwachung Mittel, um das Problem anzugehen.

Gegen Kameras

Die Bezirksbürgermeisterin Dr. Franziska Giffey meint, dass diese Maßnahmen nicht realistisch seien. „Ein paar Kameras werden das Problem bei 350 Kilometer Straßenland in Neukölln nicht lösen“, so Giffey. Die „Anti-Müll“ Kampagne, bei der die schlimmsten Stellen ein bis zwei Mal pro Woche abgelaufen wurden, war weniger erfolgreich. Trotz der Einführung einer Ordnungsamts-App, die das Aufräumen beschleunigte, lag nach einigen Tagen neuer Müll auf den Straßen. Mit der Kampagne „Schön wie wir“ will die Bezirksbürgermeisterin die Menschen zum Umdenken und zu einer Verhaltensänderung bewegen. „Wir müssen den Kreislauf durchbrechen. Nur, wenn die Leute aufhören, Straßenland als Müllkippe zu missbrauchen, kann sich eine Besserung einstellen“, schlägt Giffey vor.

Einfach rücksichtslos

Auch die BSR, als letztes Glied in der Kette, weist darauf hin, dass niemand gezwungen ist, den Müll auf der Straße abzustellen. „Menschen, die ihren Müll illegal entsorgen, verhalten sich doppelt rücksichtslos: Zum einen verschmutzen sie massiv die Umwelt, zum anderen bürden sie der Allgemeinheit hohe Kosten auf“, bestätigt BSR-Pressesprecher Sebastian Harnisch. Die BSR-Recyclinghöfe nehmen bis zu drei Kubikmeter Sperrmüll entgeltfrei an. Für rund 50 Euro holt die Sperrmüllabfuhr bis zu fünf Kubikmeter direkt aus der Wohnung ab.

Das Fazit

Auch Schwarzer schlägt eine Kooperation mit der BSR vor. Statt sie alle drei Tage anzurufen, hat sie die Überlegung, einen wöchentlichen kostenlosen Abholdienst einzuführen. Außerdem appelliert sie an die Bürger, aufeinander zu achten, Müllsünder zu erwischen und auch zu melden, damit die Straßen Neuköllns zukünftig wieder sauberer werden.

Marley Lackermann, Bild: Büo Schwarzer