Modellversuch: Fördergelder ermöglichten West-Computer und transparente Büros.
Lange Warteschlangen auf Bezirksämtern ärgerten die Berliner schon vor 25 Jahren. „Der ,Amtsschimmel‘ soll auf Trab gebracht werden“, berichtete das Abendblatt damals. „Es ist wahrlich nicht leichter geworden, sich durchs Dickicht der Bürokratie in Ämtern und Behörden zu schlagen. Um ans gewünschte Ziel zu kommen, ist es zumeist mit einem Weg nicht getan – der Papierkrieg hat ungeahnte Ausmaße angenommen“, schilderte die Autorin die Situation.
Viele Zuständigkeiten
Weißensees damaliger Bezirksbürgermeister Gert Schilling (SPD) räumte ein: „Es gibt zurzeit zahlreiche Vielfachzuständigkeiten, die einen großen bürokratischen Aufwand und viel Zeit kosten.“ Folglich sollte ein „Beratungs- und Informationszentrum mit moderner Kommunikationstechnik“ eingerichtet werden, um verschiedene Angebote und Dienstleistungen unter einem Dach zusammenzufassen. Um schneller, effektiver und vor allem bürgerfreundlicher zu werden, startete der Senat 1991 das Projekt „Model-Bezirksamt, wobei die Wahl auf das Weißenseer Rathaus fiel. Tobias Schietzelt, Leiter der Pressestelle im Pankower Rathaus, erinnert sich: „Unten im Kulturhaus Peter Edel entstand damals Berlins erstes Bürgerbüro.“ Fördermittel wurden genutzt, um moderne Computer anzuschaffen und das Büro offener und freundlicher einzurichten und zu organisieren. Das Projekt war nicht allein Sache von Weißensee. Neben dem Senat waren auch das Landesamt für Informationstechnik, Universitäten und die Wirtschaft beteiligt. Die Ergebnisse wurden im Rat der Bürgermeister ausgewertet und mündeten schließlich in eine allgemeine Verwaltungsreform. Gut acht Jahre später verlor Weißensee zwar seine Eigenständigkeit und wurde vom entstehenden Großbezik Pankow „geschluckt“. Das einstige Rathaus an der Berliner Allee 252-260 aber blieb Behördensitz. Das Bürgeramt zog dorthin bereits um, als das Kulturhaus geschlossen wurde. Der markante Backsteinbau ist aber auch Sitz der Bezirksstadträtin für Jugend und Facility Management, des Jugendamtes, regionaler sozial-pädagogischer Dienste sowie des bezirklichen Immobilienservice.
Warten blieb
Der Modellversuch mag manches bewirkt haben. Die negativen Konsequenzen des in den Folgejahren in der Verwaltung praktizierten rigiden Sparkurses aber verhinderte er nicht. Bis heute sind Termine im Bürgeramt fast immer mit lästigem Warten verbunden.
Michael Hielscher, Bild: BAB/Archiv