Handwerk: Der deutsche Mittelstand findet zu wenig Nachfolger aus der eigenen Familie.
Die Zeiten, als die Kinder wie selbstverständlich in die Fußstapfen der Eltern traten, um den Familienbetrieb zu übernehmen, sind vorbei. Fast die Hälfte der 55-jährigen Inhaber mittelständischer Firmen klagen darüber, dass ihre Nachfolger nicht mehr aus der eigenen Familie kommen. Immer häufiger werden Firmen an Nichtfamilienmitglieder verkauft und nicht vererbt.
So kam auch Guido Hanel (45) zu seiner eigenen Firma. Vor gut einem Jahr hat er den HiFi-Video-Reparatur-Service Körner in der Wilmersdorfer Hildegardstraße übernommen. Den Betrieb, in dem er 25 Jahre lang als Angestellter in der Werkstatt gearbeitet hat. Er hat lange gezögert, aus Angst vor dem wirtschaftlichen Risiko. Schließlich konnte ihn sein Ex-Chef Günter Körner durch seine tatkräftige Unterstützung überzeugen. Heute sind beide froh darüber, dass er sich für die Nachfolge entschieden hat. Sonst wäre Körners Lebenswerk von der Bildfläche verschwunden. Bundesweit werden bis 2018 voraussichtlich 600.000 Unternehmer einen Nachfolger suchen. Und knapp vier Millionen einen neuen Chef. Die Übernahme von gewachsenem Bestand ist für die Nachfolger aber oft mit großem Kapitalbedarf verbunden. Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages klagen 43 Prozent der Betroffenen über Schwierigkeiten bei der Finanzierung.
Klarer Schnitt
Auch für Guido Hanel war dies ein Problem. Sein Chef wollte in Rente gehen und wünschte sich einen klaren Schnitt. Guido Hanel sprach mit zwei Banken: Beide wollten alte betriebswirtschaftliche Auswertungen des Handwerksbetriebes sehen, einen Businessplan und sämtliche Bankdaten und Kreditverpflichtungen. „Obwohl ich schon seit vielen Jahren in dem Betrieb gearbeitet habe, wurde ich wie ein Existenzgründer behandelt.“
Außerdem hätte die Bank sich vorbehalten wollen, sein Unternehmen in den nächsten Jahren in Entscheidungsfragen zu begleiten. Das lehnte Hanel ab. „Wenn ich schon selbstständig bin, dann möchte ich auch selbst entscheiden“, sagt er. Guido Hanel brach die Verhandlungen mit den Banken noch vor deren Entscheidung ab. Hätte sein Chef nicht mit einer internen Lösung eingelenkt, die Werkstatt, die seit 40 Jahren besteht, wäre geschlossen worden. Zum Glück kam es anders: Die Auftragslage ist gut und für die Zukunft plant Hanel sogar, neue Mitarbeiter einzustellen.
Text & Bild: Christina Praus