Zum Ende des Sommers 2006 schloss Bärbel Steenken die Türen des FarOut am Lehniner Platz für immer. Mehr als 20 Jahre hatte sie gemeinsam mit ihren Freunden den Bhagwan-Tanztempel am westlichen Ende des Ku‘damms betrieben. Doch seit Jahren hatten „im Westen die Diskos zu wenig Publikum, weil die jungen Leute alle in den Osten gefahren sind“, sagt Sujate, wie sie ihre Freunde nennen. Sie musste als Geschäftsführerin Insolvenz anmelden. Es blieben nur „zwei Plattenspieler und zehn Barhocker“.
Vergessene Partymeile
Lange Jahre war City-West die erste Adresse für Amüsierlustige. Vor 20, 30 Jahren wurde hier im Dschungel, im Linientreu, im FarOut zu den wilden 80ern gefeiert. Und die Love Parade tanzte auf dem Kurfürstendamm „Friede, Freude, Eierkuchen“. Im Big Eden, einst selbsternannte „Berlins Diskothek Nummer 1“, glänzte Playboy Rolf Eden mit seinen Auserwählten. „Alle kannten sich untereinander“, erinnert sich Sujate. „Der alte Eden war häufig bei uns im FarOut“. Aber die Diskos schlossen um die Jahrtausendwende – eine nach der anderen. Auch das Big Eden wechselte vor zehn Jahren seinen Besitzer, änderte sein Konzept und verlor sein „Was-kostet-die-Welt“-Image. Gefeiert wird hier seit Jahren nicht mehr. Sujate glaubt, „dass die Berliner den Ku‘damm zeitweise vergessen“ hatten. Stattdessen ging sie aus in der City-Ost, wo zur gleichen Zeit in Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain unzählige Kinos, Bars, Restaurants und Clubs entstanden. Am Kurfürstendamm schlossen sie.
Hier hatte das Kinosterben begonnen, die Restaurants und Clubs blieben leer. Nur das Q-Dorf war geblieben – „Deutschlands erstes Bierdorf“, aus dem später eine Erlebnisdiskothek wurde. Hier trafen sich junge, laute und feierwillige Berlin-Besucher. Im vergangenen Jahr endete auch diese Ära: Die Groß-Diskothek schloss nach 40 Jahren. Die Clubszene jedoch wagte schon vor Jahren einen Neuanfang am Ku‘damm. Schick, nicht wild. Ende 2006 öffnete der Nobel-Club Cascade in der Kantstraße. Wenige Monate später folgte das Maxxim in der ehemaligen Polizeiwache über dem Q-Dorf. Nur wenige Meter weiter öffnete im Januar 2008 der Hochglanzclub Puro-Lounge im 20. Stock des Europacenters. Für den Besitzer Tim Pöhland war, laut Medienberichten, die „Lounge eher eine Ergänzung. Berlin ist ein Ganzes“. Und der Aufschwung ging weiter.
Boomende City-West
Im Mai 2011 wurde der Kurfürstendamm 125 Jahre alt, und die Kampagne „Mehr Westberlin geht nicht“ startete. Die Modelabels Hermès, Gucci und Prada eröffneten wieder Filialen in der City-West. Das Luxushotel „Waldorf Astoria“ fand 2013 seinen Platz nahe dem Prachtboulevard. Ein paar Gehminuten entfernt und im gleichen Jahr eröffnete in der Kantstraße das Pearl mit dem Motto „Berlin‘s way of high class nightlife“. Die After-Work-Party des Radiosenders 104.6 RTL zog gleich mit ein – nach zehn Jahren vom Osten zurück in die City-West. Sujate ist seit einigen Jahren auch wieder dabei. Dienstags veranstaltet sie die After-Work-Party FarOut im Maxxim. Gleich über dem ehemaligen Q-Dorf. Einlass nur Ü30.
Christina Praus / Bilder: Jörg Schröder