Wird das Tempelhofer Feld nun doch bebaut? Schwarz-Rot will Wohnungsbau am Rand prüfen.
CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner hatte das Thema bereits nach der Wahl ins Spiel gebracht. Nun steht es im Koalitionsvertrag von CDU und SPD: Die angehenden Regierungspartner wollen „die Möglichkeiten einer behutsamen Randbebauung auf dem Tempelhofer Feld in begrenzten Teilen der Fläche ausloten“. Der weit überwiegende Teil der Freifläche bleibe bei einer klimagerechten Gesamtgestaltung für Erholung, Freizeit, Sport und Kultur gesichert. Der Wohnungsbau soll landeseigenen Wohnungsunternehmen sowie gemeinwohlorientierten Genossenschaften vorbehalten bleiben. „Zu dieser Frage ist die Neubewertung durch die Berliner maßgeblich.“ Damit könnte ein erneuter Volksentscheid gemeint sein.
Riesige Brache
Aus wohnungspolitischer Sicht klingt die Ankündigung vernünftig. Es ist ja auch schwer zu vermitteln, eine riesige innerstädtische Brache sich selbst zu überlassen, während Grundstücke für neue Wohnungen zunehmend rar werden. Bleibt nur die Frage, wie Schwarz-Rot die Herzen und Köpfe der Berliner für die Randbebauung des Feldes gewinnen will. Beim Volksentscheid vor neun Jahren stimmte eine breite Mehrheit für den Gesetzentwurf der Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“, der – unter Verweis auf die Bedeutung des Areals in Sachen Ökologie und Freiraum – jegliche dauerhaften Eingriffe auf der 380 Hektar großen Fläche verbietet.
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Dieses Votum haben innerhalb der SPD schon immer viele mit Zähneknirschen aufgenommen. Der baldige Ex-Koalitionspartner von den Grünen verteidigt es bis heute wie eine heilige Kuh. Daher verwundert es nicht, dass es vonseiten der Öko-Partei und ähnlich gelagerten Initiativen Protest hagelte, sobald das Thema im Zuge der Anbahnung der neuen Senatskoalition wieder aufgeploppt war.
Geliebte Biotope
„Eine erneute Diskussion um das Tempelhofer Feld wäre ebenso wie Planungen von neuen Stadtquartieren auf der Elisabethaue und in Späthsfelde eine Kampfansage gegen den Schutz von Grün und Freiflächen in der Stadt“, ließ der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) verlauten. „Das Tempelhofer Feld ist eine der größten und wichtigsten Grünflächen in Berlin und muss ein Erholungsraum bleiben“, so die Grünen in Tempelhof-Schöneberg, wobei die Botschaft mitschwingt: Bauen könne man auch woanders.
Na klar: Nichts leben die Berliner so sehr wie ihre Biotope. Der gesamtstädtische Blick kommt dabei häufig unter die Räder. Schon 2014 war klar, dass der umfassende Schutz des Tempelhofer Feldes nicht in Stein gemeißelt ist und dass die Politik eines Tages wieder versuchen könnte, das Gesetz zu ändern. Die politische Mehrheit, dies zu versuchen, scheint nun gegeben zu sein. Mal sehen, ob CDU und SPD den Mut dazu haben. Und ob sie der Versuchung widerstehen werden, Ökologie und Wohnungsbau gegeneinander auszuspielen. Die Stadt würde es ihnen danken.
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Text: Nils Michaelis