Carsten Schneider, Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, bei einer Bundespressekonferenz 2022.
Carsten Schneider, Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, bei einer Bundespressekonferenz 2022. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Die Bundesregierung will mehr Ostdeutschen den Weg in Chefposten bei Bundesbehörden und Bundesgerichten ebnen.

Hintergrund sind neue Zahlen: Bei einem Anteil von rund 20 Prozent der Bevölkerung haben gebürtige Ostdeutsche nur 13,5 Prozent der Führungspositionen in oberen und obersten Bundesbehörden. Nimmt man als Geburtsorte nur die fünf ostdeutschen Flächenländer ohne Berlin, sind es sogar nur 7,4 Prozent.

Die Erhebung hat der Ostbeauftragte Carsten Schneider veranlasst. Am Mittwoch brachte der SPD-Politiker eine Gegenstrategie ins Bundeskabinett ein.

Ungelöste Aufgabe

„Mehr als 32 Jahre nach der Einheit sind Ostdeutsche in den Führungspositionen unseres Landes deutlich unterrepräsentiert – eine nach wie vor ungelöste Aufgabe“, sagte Schneider der Deutschen Presse-Agentur. „Diese Bundesregierung macht das zum Thema.“

Nicht nur in der Politik und Verwaltung, sondern auch in der Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Justiz und in den Medien müssten mehr Ostdeutsche in Führungspositionen kommen. „Das ist entscheidend für den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Stabilität unserer Demokratie“, sagte Schneider.

Als „ostdeutsch“ gilt nach seiner Definition, wer in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen geboren wurde. Schneider hatte bei knapp 4.000 Führungskräften in 94 Bundesbehörden, vier Verfassungsorganen und der Richterschaft an den fünf Bundesgerichten den Geburtsort erheben lassen.

7,1 Prozent der Richter aus dem Osten

Zu den Ergebnissen gehörte auch, dass Ostdeutsche nur 7,1 Prozent der erfassten Richterinnen und Richter ausmachten, ohne Berlin sogar nur 5,1 Prozent. In höheren Führungsebenen sind Ostdeutsche seltener vertreten als in unteren Leitungspositionen, wie es weiter hieß.

Schneider will nun mit „niedrigschwelligen Maßnahmen“ gegensteuern. So sollen zunächst die Daten zu den Geburtsorten systematischer erfasst werden. Bundesbehörden sollen mit Selbstverpflichtungen arbeiten. Auswahlgremien sollen vielfältiger besetzt, Führungskräfte gezielt auf ihre Aufgabe vorbereitet und Netzwerke gefördert werden. Nach einer Zwischenbilanz zum Ende der Legislatur sollen „bei Bedarf weitere Schritte“ eingeleitet werden.

Der Opposition ist das zu wenig. Der Linken-Ostbeauftragte Sören Pellmann forderte eine „Ost-Quote“ in Bundesbehörden und kritisierte die jetzige Situation als Verfassungsbruch. „Artikel 36 des Grundgesetzes verlangt eine faire Personalverteilung aus allen Bundesländern“, sagte Pellmann. Von allein würden die Zahlen nicht besser.

„Bund soll endlich handeln“

Der Ostbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Sepp Müller kritisierte, es werde Ostdeutschen nicht gerecht, dass sie bei Führungspositionen das Nachsehen hätten. „Anstatt Konzepte zu fordern, sollte die Bundesregierung jetzt endlich handeln“, betonte Müller. „Wir haben hoch qualifizierte Arbeitskräfte in Ostdeutschland. Sie sollten angemessen berücksichtigt werden.“

Text: dpa