In Berlin wurde die Isolationspflicht bis zum 21. Dezember verlängert. Bild: IMAGO/Lobeca
In Berlin wurde die Isolationspflicht bis zum 21. Dezember verlängert. Bild: IMAGO/Lobeca

Mehrere Bundesländer haben die häusliche Quarantäne für Corona-Infizierte abgeschafft. Berlin geht einen anderen Weg. Wie lange noch?

Eigentlich ist Corona doch längst vorbei. Oder so gut wie. Dieser Eindruck entsteht zumindest, wenn man die derzeitige Pandemie-Politik einiger Bundesländer verfolgt.

Bislang war es so: Wer positiv auf Covid-19 getestet wird, muss für fünf Tage in häusliche Isolation. In einigen Bundesländern ist es damit nun vorbei. Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein haben die Isolationspflicht in der vergangenen Woche abgeschafft. Hessen will in Kürze nachziehen.

Isolationspflicht aufgehoben

Ersetzt wird die Isolationspflicht in den süddeutschen Ländern durch Schutzmaßnahmen für Infizierte. Außerhalb der eigenen Wohnung müssen sie fünf Tage lang einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Im Freien kann die Maske abgenommen werden. Zudem dürfen positiv Getestete keine medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen betreten.

Auch bei den europäischen Nachbarn tut sich was: In Österreich wurde die Pflicht zur häuslichen Quarantäne schon im Sommer aufgehoben, in Großbritannien sogar sämtliche Corona-Regeln. In Berlin hingegen wurde die Isolationspflicht kürzlich bis zum 21. Dezember verlängert.

Persönliche Freiheiten

Was zählt mehr: persönliche Freiheiten oder der Infektionsschutz? Diese Frage führt auch in Zeiten vergleichsweise harmloser Virusvarianten und sinkender Infektionszahlen zu heftigen Diskussionen.

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Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit hält die Aufhebung der Isolationspflicht für akzeptabel. „Man kommt mit der Regelung ‚Wer krank ist, bleibt zu Hause‘ gut durch die nächsten Wochen und Monate“, sagte er in einem Interview.

Lauterbach widerspricht

Ganz anders Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: Er nannte das Ende der Isolationspflicht  „verantwortungslos“. Auf Twitter schrieb der SPD-Politiker: „Eine klare Mehrheit der Bürger ist für die Corona-Isolationspflicht. Niemand will mit Corona Infizierten den Arbeitsplatz teilen.“

CDU-Chef Friedrich Merz warf Lauterbach daraufhin „sirenenhaften Alarmismus“ vor. Spätestens im Frühjahr 2023 solle Corona „offiziell als beendet erklärt“ werden, so Merz.

Alter Streit

Da ist er also wieder: der politische Streit um den richtigen Umgang mit dem Virus. Und wieder einmal verfolgen die Landesregierungen unterschiedliche Strategien.

Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis andere Länder dem Beispiel von Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und wohl auch Hessen folgen. Allerdings kann niemand den weiteren Verlauf der Pandemie vorhersagen (auch kein Friedrich Merz).

Steigende Inzidenz

Bei einer möglicherweise steigenden Inzidenz und heftigeren Verläufen von Infektionen könnte sich das Ende der Quarantäne als Eigentor erweisen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie empfindlich Menschen darauf reagieren, wenn man ihnen Freiheiten nimmt. Das gilt sicherlich erst recht dann, wenn sie auf diese Freiheiten lange verzichten mussten.

Andererseits darf und muss Politik manchmal auch mutig sein. Vor allem, wenn es darum geht, das zu ermöglichen, was sich viele wünschen: die Rückkehr zur „Normalität“. Hierfür braucht es neben Mut aber auch Augenmaß. Aber bitte kein politisches Taktieren.

Was denken Sie, liebe Leserinnen und Leser? Sollte auch das Land Berlin die Corona-Isolationspflicht abschaffen? Nehmen Sie an unserer Umfrage teil. Das Abstimmungsfeld finden Sie in der rechten Seitenleiste. Oder schreiben Sie uns Ihre Meinung und Erfahrungen in die Kommentare oder an redaktion@berliner-abendblatt.de.

Text: Nils Michaelis