Am Breitscheidplatz wurden nach dem Anschlag von 2016 mobile Poller errichtet. Bild: IMAGO/Joko
Am Breitscheidplatz wurden nach dem Anschlag von 2016 mobile Poller errichtet. Bild: IMAGO/Joko

meint Nach der Amokfahrt in der Tauentzienstraße tobt eine Debatte über Sicherheitsmaßnahmen im öffentlichen Raum.

Auch einige Tage nach der Todesfahrt am Tauentzien ist das Entsetzen groß. Auch, weil die schreckliche Tat eines psychisch kranken Mannes scheinbar nicht vorherzusehen war. Längst tobt die Debatte darüber, wie das Blutbad hätte verhindert werden und wie Amokfahrten am Breitscheidplatz und in der gesamten Stadt künftig verhindert werden können.

Bereits kurz nach der Tat musste sich der rot-grün-rote Senat aus Kreisen der Opposition Kritik gefallen lassen, den Bereich rund um den Breitscheidplatz nach dem Terroranschlag vom Dezember 2016 nicht genügend abgesichert zu haben. Dabei ignorierten die Kritiker, dass der Platz an der Gedächtniskirche seit 2018 mit Pollern von den umliegenden Straßen getrennt ist und sich die Amokfahrt vom 8. Juni auf der gegenüberliegenden und ungesicherten Straßenseite abgespielt hat.

Massiver Schutz

Wird es dabei bleiben? Oder müssen auch auf der südlichen Seite der Tauentzienstraße Poller errichtet werden? Müssen gar sämtliche Hotspots in der Berliner Innenstadt mit mobilen oder fest installierten Sperren gegen Attacken mit Lastwagen oder Pkws geschützt werden?

Nach den Anschlägen der letzten Jahre haben viele deutsche Großstädte massive Betonquader an ihren zentralen Orten aufstellen lassen. Andere Städte setzen auf Säcke mit Kies oder große Wassertanks. All diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass sich manche Innenstädte mittlerweile wie militärische Sicherheitszonen anfühlen.

Aufhorchen lässt in diesem Zusammenhang das Konzept von Charlottenburg-Wilmersdorfs Bezirksbürgermeisterin Kirstin Bauch für mehr Sicherheit am Breitscheidplatz. Nein, es geht nicht um explosionshemmende Heckenpflanzen, die kürzlich von einem Forscher erwogen werden.

Auf beiden Seiten des Platzes mit der Gedächtniskirche sollten Autospuren entfernt werden, um eine direkte und gerade Fahrt Richtung Breitscheidplatz zu verhindern, forderte die Grünen-Politikerin im RBB-Inforadio.

Rankestraße umbauen

Dafür existierten bereits Konzepte, die zum Teil bekannt seien und jetzt schnell umgesetzt werden müssten. Für den südlichen Bereich an der Tauentzienstraße, die jetzt betroffen war, gebe es ein Konzept des Senats, bei dem die Einmündung der Rankestraße und der Mittelstreifen umgebaut werden.

Böse Zungen würden behaupten, dass Bauchs Forderungen bestens zur grünen Agenda für weniger Autoverkehr in der City passen. Bei all dem Entsetzen über die jüngste Todesfahrt gewinnt dieser Tage aber eine ganz andere Gewissheit Oberwasser: Absolute Sicherheit kann und wird es niemals geben.

Man könne nicht in der ganzen Stadt Poller oder Betonsperren errichten, so die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Und der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow: „Auch Poller sind nutzlos, wenn der Täter an einer Ampel auf Grün für die Fußgänger wartet, um passierende Menschen gezielt zu töten.“

Text: Nils Michaelis