Astra Hasse

Vor 112 Jahren wurde Asta Hasse als eines von zehn Kindern im pommerschen Saaben geboren. Nach Kaiserzeit, zwei Weltkriegen, dem Leben in der DDR und der Wende ist die Seniorin nun vor knapp 5 Jahren auch Lichtenbergerin geworden. Die älteste Berlinerin wohnt seit 2016 in einem Seniorenheim in der Alfred-Jung Straße und erfreut sich bester Gesundheit.

„Meine Mutter war noch nie so richtig krank und hatte auch noch nie einen ernsthaften Unfall in ihrem Leben“, erklärt ihr Sohn Manfred beim Geburtstags-Kaffee mit Lichtenbergs Bürgermeister Michael Grunst. 

Aus einer anderen Zeit

Als Asta Hasse zur Welt kam, gab es in den kleinen Städten Europas keinen Strom, kein Telefon und keine Kanalisation – bis 1915 leuchtete der kleinen Asta abends und nachts nur das Licht von Petroleumlampen. In Deutschland regierte der Kaiser und Rosa-Luxemburg, Karl Liebknecht und Lenin knobelten noch an ihren Revolutionen. Das Flugzeug galt als brandneue Erfindung am Himmel über Europa, an Computer war überhaupt noch nicht zu denken und der Luftschiff-Technik räumte man eine großartige Zukunft ein. „Ich erinnere mich noch gut daran, wie der Zeppelin ein ums andere Mal über unserem Dorf schwebte“, erinnert sich die vergnügte Seniorin.

Technik änderte die Welt

Technik revolutuionierte in den 20er-Jahren schließlich die Welt. „Wenn der Beamte am Fernsprecher auf unserem Postamt ein Gespräch entgegennahm, zückte er immer die Mütze und grüßte so den Teilnehmer am anderen Ende der Leitung“, erklärt die 112-Jährige, die noch vor rund fünf Jahren in ihrer eigenen Wohnung in der Kopenhagener Straße in Prenzlauer Berg lebte. Ihr heute 84-jähriger Sohn Manfred holte sie 2016 schließlich ins Lichtenberger Haus der Volkssolidartät. „Hier kann ich sie gemeinsam mit meiner Frau Helga bequem besuchen und versorgen. Wir wohnen hier ums Eck“, erläutert der rüstige Rentner und einzige Sohn von Asta Hasse, der selbst noch seine allerersten Lebensjahre auf dem Bauernhof in Pommern, im heutige Polen, verbrachte.

Weltberühmter Nachbar

„Kurz vor Kriegsende mussten wir ja Richtung Westen flüchten. Damals hatte der Boxer Max Schmeling und seine Frau Anni Ondra ihr Anwesen direkt neben unserem Hof. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie Schmeling bei der Besprechung in der Dorfkirche nicht daran glauben wollte, dass die russische Armee bis nach Pommern dringen könnte. Ein paar Tage später waren wir alle schlauer und auf dem Weg in Richtung Westen. Wir mit Pferd und Kutsche und Schmeling mit seinen beiden Limousinen“, erklärt Asta Hasse. 

Nach dem Krieg: Berlin

Über die erste Nachkriegsstation bei Verwandten in Schleswig-Holstein gelangte die Familie mit Mann und Sohn Manfred schließlich nach Berlin in den Prenzlauer Berg. „Ab 1950 hatten wir da unsere Wohnung. Gearbeitet habe ich als Apothekerin in der Invalidenstraße. Bin immer mit dem Rad unterwegs gewesen“, sagt Asta Hasse.

Leben genießen

Radfahren sei eine echte Leidenschaft sener Mutter gewesen. „Erst mit Ende achtzig hat sie es dann aufgegeben“, sagt Sohn Manfred über seine stets gut gelaunte Mutter, die heute gerne noch in Illustrierten liest und blättert. „Die Queen, die Prinzen William und Harry, aber auch Schlagerstars wie Helene Fischer sind ihr bestens vertraut. Fernsehen schaut sie gar nicht gerne“, verrät Astas Hasses Schwiegertochter Helga.

Die einfachen Dinge

Asta Hasse mag es auch sonst eher schlicht – Zum Mittagessen wünschte sie sich anläßlich  ihres 112. Ehrentages schließlich eine ganz bescheidenes Mahl: Milchreis mit Zimt. Und auch ihr Lieblings-Zeitvertreib fällt ganz und gar bescheiden aus: Spazieren gehen im Garten hinterm Haus der Volkssolidarität. Dazu einen Kaffee im Gartenstuhl – und die Welt von Asta Hasse ist perfekt.

Text und Bilder: Stefan Bartylla