Während des Corona-Lockdowns legte die Prostitution eine Zwangspause ein. Manche Politiker fordern ein dauerhaftes Verbot.
Im Zeichen sinkender Corona-Zahlen stehen in Berlin in vielen Bereichen des öffentlichen Leben Lockerungen an. Außenbereiche von Gastronomie, Kinos und Theatern dürfen wieder öffnen – vorausgesetzt, die Inzidenz bleibt unter 100. Auch für die Prostitution gib es eine Öffnungsperspektive: Laut Senatsbeschluss vom Dienstag sind „sexuelle Dienstleistungen ohne Geschlechtsverkehr“ ab dem 18. Juni wieder erlaubt, allerdings nur in Verbindung mit Hygienekonzept, Terminbuchung und Testpflicht.
Seit vergangenem Herbst legen Prostituierte und ihre Kundschaft wie schon während des ersten Lockdowns eine Zwangspause ein. Viele Politikerinnen und Politiker haben sich im vergangenen Jahr dafür ausgesprochen, das Prostitutionsverbot auch nach dem Ende der Pandemiebeschränkungen beizubehalten. Sei es nur wegen des bleibenden Risikos, sich mit Corona zu infizieren. Darauf wies zum Beispiel SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hin. Es wurden aber auch Stimmen laut, dem Beispiel skandinavischer Länder zu folgen und Prostitution im Rahmen eines Systemwechsels generell für illegal zu erklären. Es blieb bei den Forderungen.
Prostitutionsverbot findet wenig Zustimmung
Für ein Prostitutionsverbot gibt es in der Bevölkerung ohnehin wenig Rückhalt. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap im Auftrag des Südwestrundfunks (SWR) hervor. Demnach sprachen sich 77 Prozent der Befragten dagegen aus, käuflichen Sex zu verbieten. Dies sei „ein Stimmungsbild, das sich durch alle Altersgruppen, soziale Schichten und geografische Zuordnungen zieht“, teilte der Sender laut einem Bericht der Berliner Zeitung mit.
Die größte Bereitschaft für ein generelles und bundesweites Verbot gibt es demnach bei der Gruppe der Menschen mit einem geringen monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von unter 1.500 Euro. 20 Prozent der Befragten in dieser Gruppe würden es begrüßen, wenn die Bordelle dauerhaft geschlossen blieben. 69 Prozent sind dagegen. Infratest Dimap hatte Ende April insgesamt 1.178 wahlberechtigte Bürger und Bürgerinnen zu dem Thema befragt.
Rotlichtbranche hat wirtschaftliche Probleme
Derweil kämpfen viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter infolge des vorübergehenden Verbots mit großen wirtschaftlichen Problemen. Viele gehen dem Gewerbe derzeit im Verborgenen nach. Das bringt Gefahren mit sich. Marcel Luthe, Spitzenkandidat der Freien Wähler bei der kommenden Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, warf dem Berliner Senat vor, mit dem coronabedingten Verbot bisher legaler Prostitution indirekt die Prostitutionsangebote der Organisierten Kriminalität zu fördern, berichtet die „Berliner Zeitung“.
Dieses Problem habe seinen Ursprung in schwer nachvollziehbaren Gesundheitsschutzregeln, die medizinische und bestimmte nicht medizinische Massagen erlauben, aber andererseits sogenannte erotische Massagen und die geregelte Sexarbeit verbieten, so Luthe.
Datum: 20. Mai 2021, Text: nm, Bild; IMAGO/Rolf Kremming