Gegen den BSW-Fraktionsvorsitzenden im Landtag von Brandenburg, Niels-Olaf Lüders, wurde ein Misstrauensantrag gestellt.
Gegen den BSW-Fraktionsvorsitzenden im Landtag von Brandenburg, Niels-Olaf Lüders, wurde ein Misstrauensantrag gestellt. Foto: Michael Bahlo/dpa

Potsdam (dpa) – Nach langem Streit hat sich die BSW-Landtagsfraktion in Brandenburg erstmal zusammengerauft – doch die Koalitionskrise ist nicht abgeräumt. Nach der etwa zweistündigen Sondersitzung bleibt die Fraktion zerrissen. «Die bereits bestehenden unterschiedlichen Positionen ließen sich allerdings nicht auflösen», erklärten die vier Abgeordneten, die am Dienstag aus dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ausgetreten waren. Aber sie schrieben auch: «Wir bleiben Teil der Fraktion.»

Zwei Misstrauensanträge gegen Fraktionschef Niels-Olaf Lüders und seinen Vize Christian Dorst wurden bei der Sondersitzung mit knapper Mehrheit abgelehnt – damit bleiben sie im Amt. Der Fraktionschef zeigte sich zufrieden, aber noch nicht am Ziel. Die SPD wertete das Ergebnis des Krisengesprächs nur als ersten Schritt. Der Streit bringt das bundesweit einmalige Regierungsbündnis von SPD und BSW ins Wanken. Die BSW-Spitze wollte am Freitag noch zu einer Sitzung zusammenkommen. 


Ausgetretene Abgeordnete: «Noch viel Enttäuschung» 

Die BSW-Fraktion geriet in die Krise, weil die vier Abgeordneten am Dienstag ihren Parteiaustritt erklärten. Als Grund gaben Jouleen Gruhn, Melanie Matzies, André von Ossowski und Reinhard Simon unter anderem an, «autoritäre Tendenzen» im BSW prägten zunehmend das innerparteiliche Klima und es dominierten radikalisierte Positionen im BSW. Sie forderten darin einen Wechsel an der Fraktionsspitze.

«Es ist aber natürlich noch viel Enttäuschung nach wie vor vorhanden auf allen Seiten», sagte Matzies nach der Sitzung. «Da muss man jetzt mal schauen, ob das dann sich wieder kittet. Es ist wie mit einer Beziehung, die schwer geschädigt ist.»

SPD will Klarheit

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte seinen Koalitionspartner aufgerufen, die Situation intern zu klären. Seine Partei sieht noch offene Fragen. «Das hört sich aus meiner Sicht nur nach einem Zwischenstand an. Vieles bleibt offen», sagte SPD-Generalsekretär Kurt Fischer der «Märkischen Allgemeinen» und der Deutschen Presse-Agentur.

«Als SPD haben wir ein sehr großes Interesse daran, zügig zu wissen, ob wir in dieser Koalition weiterhin stabil und verlässlich für Brandenburg arbeiten können.» Er hoffe, dass das BSW dazu klarere Antworten geben könne. Die SPD-Fraktion äußerte sich ähnlich.

BSW-Minister verlässt die Sondersitzung

Nach Angaben mehrerer Teilnehmer stimmten acht Mitglieder der Fraktion gegen die Misstrauensanträge, sechs waren dafür. «Das ist ein erstes gutes Ergebnis. Wir müssen weiter im Gespräch bleiben», sagte Lüders. Allerdings blieben auch noch Fragenzeichen.

BSW-Finanzminister Robert Crumbach verließ die Krisensitzung bereits nach einigen Minuten. «Mein Antrag auf Aussprache ist abgelehnt worden», sagte der Ex-Landeschef mit Blick auf die Misstrauensanträge. Er werde das erstmal für sich bewerten. Crumbach gehört nicht zu den vier ausgetretenen Abgeordneten, war aber zuletzt anderer Meinung als die Fraktionsspitze.

Stabilität der Koalition ist offen

Die BSW-Landesvorsitzende Friederike Benda, die an der Sitzung teilnahm, gab sich zuversichtlich: «Das war ein erstes Treffen, ein erster Austausch. Ich denke, es war vielleicht nicht der letzte, weil alle vier erklärt haben, dass sie Mitglieder in der Fraktion bleiben wollen.» Benda hatte zuvor Einigkeit gefordert und den Austritt als «Bärendienst» kritisiert.

Das Bündnis von SPD und BSW war nach der Landtagswahl 2024 die einzige Option, wenn die AfD nicht mitregieren soll. SPD und BSW haben im Landtag eine knappe Mehrheit von zwei Stimmen. Eine SPD/CDU-Minderheitsregierung wurde von beiden Parteien wegen eines Patts verworfen.

Konflikt über Medienpolitik 

Der Streit beim BSW war wegen des Umgangs mit zwei Medienstaatsverträgen zur Rundfunkreform von ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie zum Jugendmedienschutz eskaliert. Eine Mehrheit ist gegen die Verträge, Minister Crumbach ist dafür.

Die BSW-Fraktion hatte angekündigt, bei der Abstimmung nächste Woche mehrheitlich dagegen zu stimmen. Die BSW-Fraktionsmitglieder einigten sich in der Krisensitzung darauf, dass die vier ausgetretenen Abgeordneten bei der Abstimmung den Saal verlassen und damit die Fraktionslinie nicht gefährden.